Hin und wieder entscheidet sich ein Hersteller, „seine“ Schlagbolzenschloss-Pistole nicht ausschließlich mit einem Polymer-Griffstück zu fertigen. Seit einiger Zeit finden sich Varianten mit Stahl-Griffstück, wie die Canik Rival, die Walther PDP Steel Frame oder Black Ribbon. Mancher Hersteller setzt aber statt auf Stahl auf Aluminium. So die weltweit bekannte Firma Smith & Wesson mit den Ablegern ihrer Polymer-Modellreihe M&P9 M2.0. Auch weniger bekannte Firmen waren dabei, wie Arsenal Firearms, die ihre Strike One schon vor über zehn Jahren mit einem Aluminium-Griffstück auslieferte. Um 2017 kam auf dem US-Markt eine Hudson H9 zum Vorschein, welche mit dem kaum bekannten Hersteller aber bald wieder vom Markt verschwand. Daniel Defense übernahm das Geschäft und stellt nun eine stark überarbeitete Version, die Daniel H9, eine mit Alu-Griffstück konfigurierte Pistole vor. So mancher wird sich fragen „Warum“? Die Antwort lautet schlicht Zielgruppen-Orientierung. Denn der berufliche Waffenträger setzt seine Pistole kaum ein. Er schleppt sie aber den ganzen Tag, beziehungsweise die ganze Schicht, mit sich herum. Der Schusswaffengebrauch gegen Personen in Deutschland liegt nicht einmal im Promillebereich. Die Beamten mit einer möglichst leichten Faustfeuerwaffe auszustatten, ist daher absolut sinnvoll.

Anders sieht die Einsatzhäufigkeit der Kurzwaffe bei Sportschützen aus. Zwar existieren in einigen Verbänden Disziplinen für Schlagbolzenschloss-Pistolen, auch für spezielle Konfigurationen, aber das Material des Griffstücks wird nicht thematisiert. Denn der Sportschütze trägt seine Pistole nur in wenigen Disziplinen im Holster, schießt dafür aber eben sehr viel häufiger als ein Berufswaffenträger. Eine um einige hundert Gramm Hochschlag mindernde Masse mehr ist, besonders in dynamischen Disziplinen, also sehr von Vorteil. Schlagbolzenschloss-Pistolen mit einem Aluminium-Griffstück scheinen nun zwischen Baum und Borke angesiedelt. Viel Mehrgewicht bringt Aluminium statt Polymer als Material für das Griffstück nicht. Eine Walther PDP Compact mit Polymer-Griffstück wiegt rund 700, die Steel Frame-Variante rund 1100 Gramm. Von Polymer- zu Aluminium-Griffstücken werden, je nach Hersteller von etwa miteinander vergleichbaren Pistolen, nur 50 bis 100 Gramm Mehrgewicht verbucht. Das Angebot richtet sich also an Personen, die es weder “ganz” so schwer, noch “ganz” so leicht möchten.
Die Ganzmetallpistole Daniel H9 im Detail:

In den USA scheinen Griffstücke in der Colt M 1911 A1-Anmutung verkaufsfördernd zu wirken. Es wird extra darauf hingewiesen. Der Verschluss der Daniel H9 besteht aus einem Stahl der Gruppe AISI 4340 und wird mit einer mattschwarzen DLC-Beschichtung geschützt. Diese extrem harte Beschichtung eignet sich insbesondere dort, wo sich Bauteile kontaktierend und relativ zueinander bewegen und somit an den Reibeflächen Verschleiß entsteht. Das „Flugzeugaluminium“ vom Typ 7075 rundet den qualitativ sehr ansprechenden Materialeinsatz ab. Auf der Höhe der Zeit weist der Verschluss die Ausfräsung zur Aufnahme von Rotpunktvisieren auf. Als erfreulich wurde seitens der Tester festgestellt, dass Abdeckplatte mit T-15er Torxschrauben fixiert ist. Die Zeiten mikroskopisch kleiner, schnell ausgenudelter Innensechskantschräubchen scheinen zum Glück endlich vorbei zu sein. Wie bei den meisten Schlagbolzenschloss-Pistolen findet sich als einzige äußere Sicherung die Sperrklinke im Abzugszüngel. Da der Verschlussfanghebel beidseitige Handhaben hat, funktioniert die Daniel H9 nach Umstecken der Magazinauslösetaste uneingeschränkt für Rechts- wie Linkshänder. Eine Ausfräsung am Griffrücken unten am Magazineinlass lässt durch einen Querstift das Befestigen einer Fangschnur zu. Die Picatinny-Schiene an der Unterseite des Schließfeder-Gehäuses und der grüne Lichtfänger im Korn runden das Bild einer zweckorientierten Verteidigungswaffe ab.


Etwas irritierend, aber nicht kriegsentscheidend wirkt die U-Kimme in Verbindung mit dem Balkenkorn. Wohl darauf bauend, dass die meisten Nutzer eher auf ein Rotpunktvisier setzen, hat der Hersteller auf die sonst üblichen weißen Punkte oder Lichtfänger in der Kimme verzichtet. Andererseits wird auf verteidigungsrelevante Distanzen um und unter fünf Meter in der Regel eher etwas grob und dafür möglichst schnell gezielt geschossen. Positiv fiel die Sicherheits-Sperrklinke auf, sie verläuft auf ganzer Länge über den Abzug. Sie ist unten im Abzug angelenkt, optisch an dessen Auflagefläche angeglichen und vermittelt einen Eindruck wie aus einem Guss. Der Spalt zwischen Verschluss und Griffstück der Daniel H9 ist deutlich schmäler und damit unempfindlicher gegen das Eindringen von Schmutz als bei vielen etablierten Wettbewerbern. Mit etwas Krafteinsatz lässt sich der Verschluss auf dem Griffstück etwas in der Horizontalen wie der Vertikalen bewegen, aber im Vergleich zu anderen Schlagbolzenschloss-Pistolen eher marginal. Der Lauf lässt sich im verriegelten Zustand zu keinerlei Bewegung überreden.

Mit der Ganzmetallpistole Daniel H9 auf dem Schießstand:
Für Menschen mit Colt M 1911-Erfahrung fasst sich das Griffstück der neuen Daniel H9 an wie Vertrautes. Die Textur der G10-Griffschalen reicht in Verbindung mit den starken Querrillen an Vorder- und Rückseite des Griffstücks für einen verwindungsfreien Sitz in der Hand, auch bei schnellen Serien. Dem Hochschlag wirkt der weit ausgezogene Griffsporn entgegen, ebenso die relativ niedrig über der Handwurzel liegende Seelenachse. Der 1911er Auslegung geschuldet ist der Griff höchstens für mittelgroße Hände ideal. Liegt die Handschuhgröße darüber, wird es für die haltende Hand eng. Die Griffschalen der Daniel H9 lassen sich zwar abschrauben, aber trotz der optischen Nähe zum Griffstück der 1911 passen deren Griffschalen und damit auch viele Verbreiterungsoptionen nicht.
Eine positive Überraschung war die schon während der kalten Überprüfung bemerkte, sehr gute Abzugscharakteristik. Die Abzugsmimik der H9 bildet einen deutlichen Druckpunkt ab, hinter dem der Schlagbolzen im Vergleich zu vielen anderen Abzügen dieser Art nahezu ohne Kriechweg auslöst. Die geringen Durchmesser der über offene Visierung auf 15 Meter aufgelegt geschossenen Fünf-Schuss-Gruppen lassen sich neben den anderen Qualitäten dieser Pistole wohl darauf zurückführen. Zu irgendwelchen Unregelmäßigkeiten oder Störungen kam es während des gesamten Testverlaufes nicht. Auch während der mit schussschwacher Hand geschossenen Phasen, in welchen auch hin und wieder bewusst “schlapp” gegriffen wird, funktioniert die Pistole einwandfrei. Der recht weite Hülsenauswurf lässt auf genügend Funktionsreserve schließen. Lediglich die 15. Patrone lässt sich nur mit hohem Kraftaufwand laden und eine Ladehilfe vermissen.
Technische Daten und Preis der via Helmut Hofmann vertriebenen Schlagbolzenschlosspistole Daniel H9
Modell: | Daniel Defense Daniel H9 |
Kaliber: | 9 mm Luger |
Kapazität: | 15 + 1 Patronen |
L x B x H: | 198 x 30 x 130 mm |
Lauflänge: | 110 mm |
Drall: | 1:250 mm, 6 r. |
Abzugsgewicht: | rund 2.300 g |
Gewicht: | 835 g |
Ausführung: | Rechts-Linksausführung (Nach dem Umstecken des Magazinauslösers.) |
Preis: | 1.899,- Euro |
Ausstattung: Ganzmetallpistole, OR-Vorbereitung, seitlich driftbare Visierung, Korn mit grünem Lichtfänger. Zwei Ersatzmagazine, Kabelschloss, Kunststoffkoffer. |
Fazit zur Selbstladepistole Daniel H9:
Einiges an der in Deutschland von Helmut Hofmann importierten und über den Fachhandel vertriebenen Daniel H9 wirkt vertraut, einiges ist anders und einiges ist neu. Im Großen und Ganzen gab die US-Entwicklung ein gelungenes Debüt, mit dem ein kleines, aber bestehendes Marktsegment abgedeckt wird. Bleibt der Preis, zu dem sich jeder seine eigenen Gedanken machen sollte. Hierzulande beträgt der unverbindlich empfohlene Verkaufspreis 1.899,- Euro.
Dieser Test erschien in der VISIER, Ausgabe 9/2025. Dort sind zusätzlich die ausführlichen Schießergebnisse von 5 Fabriklaborierungen enthalten. Das Heft können Sie im VS Medien-Shop online kaufen. Dort steht es auch als ePaper zur Verfügung.
Weitere Informationen zur Daniel H9 gibt es auf der Seite des Herstellers Daniel Defense und auch auf beim Importeur, der Helmut Hofmann GmbH. Der Verkauf an Endkunden erfolgt ausschließlich über den Fachhandel.