Selbstladepistole STEYR L9-A1

L9-A1 heißt die Neue der Marke STEYR. Die gibt es seit dem 3. Quartal 2013 in Deutschland zu kaufen und war Anlass für einen Anruf bei Importeur und Großhändler AKAH in Gummersbach.


Die STEYR-Pistolenfamilie 

Selbstladepistole STEYR L9-A1
STEYR L9-A1: Die relativ "junge" Selbstladepistole gibt es seit dem 3. Quartal 2013

Mit fast 15 Dienstjahren gehört sie zu den alteingesessenen Modellen unter den Polymerpistolen. Die von Wilhelm Bubits entwickelte Waffe mit Schlagbolzenschloss erhielt vor einem Jahrzehnt ein Facelift. Hauptmerkmal der modellgepflegten „A1“-Reihe ist der neue Kunststoffrahmen mit modifizierter Griffbereich-Form und Picatinny-Schiene vorm Abzugsbügel. 

Funktionell gesehen steckt bewährte Technik in den österreichischen Waffen: Sie arbeiten mit einer verbesserten BROWNING-Verriegelung, bei der das Rohr über den Patronenlagerbereich hinten direkt im Auswurffenster verriegelt.

Das Abzugssystem ist nach jedem Repetieren stets teilvorgespannt. Der Abzugsweg beträgt (nach Eindrücken der Abzugssicherung) rund vier Millimeter und bietet einen für Polymerpistolen mit Schlagbolzenschloss relativ klar definierten Druckpunkt.  


STEYR L9-A1: Bewährte Technik 

Ähnlich wie bei GLOCK liegt die Laufachse auch bei STEYR extrem niedrig über der Hand. Das reduziert den Hochschlag. Im Unterschied zum großen Konkurrenten aus Deutsch-Wagram ist es durch das Griffstück-Design bei STEYR selbst bei hohem Zugriff am Rahmen und fleischigen Händen sehr unwahrscheinlich, dass der im Schuss zurücklaufende Schlitten in die Hand „beißt“. Und wie GLOCK setzt auch STEYR bei seinen Pistolen auf einen ungewöhnlichen Griffwinkel. 

Für manche Schützen resultiert dies gegenüber Waffen mit konventionellerem Griffwinkel in einem Hochschuss beim instinktiven Deuten mit der Waffe. Für andere passt es dagegen ganz genau. Viele Pistoleros achten aber nicht auf den Griffwinkel. Sie kommen mit der Handlage einer STEYR oder GLOCK auf Anhieb genauso gut zurecht wie mit einer HECKLER & KOCH, SIG SAUER oder GOVERNMENT.  

STEYR gehörte zu den ersten Pistolenherstellern, die serienmäßig eine in die Waffe integrierte Abschließvorrichtung offerierten. Nun schreiben die heimischen Gefilde allen Waffenbesitzern zwingend einen abschließbaren Waffenschrank zur Aufbewahrung vor - da bietet dieses Detail nun kaum Vorteile. Aber in anderen Ländern ohne derart strenge Regelungen erscheint es schon wünschenswert, in Schusswaffen eine „Kindersicherung“ einzubauen.


STEYR L9-A1: Unterschiede zu GLOCK, WALTHER und BERETTA

Es darf aber nicht unerwähnt bleiben, dass STEYR einige heute gängige Trends nicht mitgemacht hat. Da wäre zum Beispiel das Einheitsgriffstück in der Größe „passt immer“, austauschbare Griffrücken oder gar seitliche Griffpaneele fehlen. 

In Realität hält sich der Schaden aber in Grenzen: Das STEYR A1-Griffstück ist ergonomisch gut geformt und extrem schlank gehalten. Dadurch eignet es sich auch für kleine Hände bestens. Und bei Bedarf bekommt man es immer noch leichter durch simple Modifikationen wie einen Gummi-Griffüberzieher voluminöser als umgekehrt. 

Selbstladepistole STEYR L9-A1
Die Wände des schmalen STEYR A1-Griffstücks fallen unten nochmals dünner aus: Das ist gut für die Ergonomie, auch kann man bei Störungen den Magazinboden besser greifen.

Nicht nur manche Schützen, sondern auch viele Behörden bestehen heute auf einem Demontagesystem, bei dem sich die Waffe ohne Betätigung des Abzuges auseinandernehmen lässt. Das funktioniert bei STEYR nicht. 

Die Pistolen besitzen zwar einen reinrassigen Demontagehebel, der im Vergleich zu den einfacheren Schnäpper-Konstruktionen wie bei WALTHER, der BERETTA PX4 und den GLOCK-Pistolen die bequemere (und wahrscheinlich auch teurere) Lösung darstellt. Aber teilvorgespannt lässt sich eine STEYR nicht zerlegen. Und es gibt keine Alternative zum Druck auf den Abzug, soll die Waffe entspannt werden.


STEYR L9-A1: Die Visierlinie wächt mit

Das neue STEYR L-Modell unterscheidet sich technisch nicht fundamental von seinen kleineren Geschwistern. Wie bei anderen Herstellern auch besteht der Hauptunterschied in dem moderat auf 115 mm (4 ½“) verlängerten Lauf nebst passend vergrößertem Schlitten. Dadurch legt die Pistole natürlich auch etwas an Gewicht zu, rund 50 Gramm extra sind es gegenüber dem STEYR-Modell M. Zwangsläufig wächst die Visierlinie gleich mit, was das genaue Zielen gegenüber den kompakteren Versionen erleichtert. 

Aufgrund der leichten Überlänge spendiert der Hersteller der L9-A1 auch zusätzliche Spannrillen vorn im Schlitten. Bedientechnisch unterscheidet sich die langläufige Variante nicht von ihren kürzeren Geschwistern. Der Schlittenfanghebel liegt griffgünstig in Daumennähe - allerdings nur für Rechtshänder. Die manuelle Sicherung vorn im Abzugsbügel lässt sich dagegen mit beiden Händen sowohl sichern als auch entsichern. 

Ob man so ein Sicherungselement wirklich ins Innere des Abzugsbügels platzieren sollte, sei dahingestellt. Als letzter Hersteller vor STEYR beschritt RUGER 1967 mit dem Mini 14 diesen Weg - und da handelt es sich um eine direkte Kopie der Sicherung des Sturmgewehrs M 14, die wiederum auf den M 1 Garand aus den 1930er Jahren zurückgeht. 

Die kürzeren Modelle S9-A1 und M9-A1 bietet STEYR optional auch gleich ohne an, aber bei der L9-A1 zählt die Sicherung bislang zum Standard. 

STEYR L9-A1: Zielerfassung und Magazinkapazität

Anders als bei STEYR üblich, trägt die L-Version nicht das typische Dreiecksvisier. Stattdessen findet sich in der hinteren Schwalbenschwanzfräsung eine konventionell geformte Stahlkimme mit rechteckigem Kimmenausschnitt. Auch beim Stahlkorn entschied man sich für eine konservative Lösung, also ein Rampenkorn in gewohnter Rechteckform. 

Die Lichthöfe beiderseits des Kornes wären für eine reine Scheibenwaffe wohl eine Spur zu breit, für die schnelle Zielaufnahme erscheinen sie aber gerade richtig. Das Korn trägt eine rote Farbmarkierung für eine schnellere Zielaufnahme unter ungünstigen Lichtverhältnissen, die Kimme zwei weiße Punkte beiderseits des Ausschnittes. 

Leider reflektieren die weißen Dämmerungsmarken das Licht  deutlich besser als der rote Punkt. Dadurch wird das Auge beim schnellen Schießen nicht unbedingt direkt zum Korn geführt. Möglicherweise wäre es besser, die weißen „Dots“ der Kimmen dauerhaft zu schwärzen. 

Selbstladepistole STEYR L9-A1
Normalerweise tragen STEYRs Pistolen ein weiß eingelegtes Dreiecksvisier - die neue L9-A1 hat weiße Dämmerungsmarken.
Selbstladepistole STEYR L9-A1
... Eine Auskehlung im Patronenlager dient als Ladestandsanzeiger. Derzeit umfasst die Pistolenfamilie neben dem neuen L-Modell die kompakte „S“ und die mittelgroße STEYR „M“. Die Magazinkapazität der kleinen STEYR S liegt bei zehn Patronen.

Die Magazinkapazität wuchs von regulär 15 Patronen in 9 mm Luger auf jetzt 17 Patronen an. Dieses Mehr ermöglichten die „Plus“-Magazinböden aus Kunststoff. Sie überragen das Griffstück nach unten um sechs Millimeter. Ansonsten unterscheiden sich die Plus-Magazine nicht von den kürzeren Standardcontainern und passen natürlich auch in die M- und S-Versionen. 

Die Magazine selbst sind zwar nur via simpler Brünierung vor Korrosion geschützt, aber sehr gut verarbeitet sowie leicht zu füllen. Die seitlichen, nummerierten Kontrollbohrungen geben exakt Auskunft über den Inhalt.


STEYR L9-A1: Verarbeitung & Finish

Bei „Fit & Finish“ bietet STEYR feine Qualität. Vor allem die Stahlteile sind tipptopp verarbeitet und gepasst. Auch der Kunststoffrahmen wirkt solide. Die angerauten seitlichen Greifflächen bieten rutschfesten Halt. Für eine sichere Handlage sorgt auch die einzelne, STEYR-typische Fingermulde. 

Nicht so recht überzeugen dagegen die groben Rillen vorn und hinten am Rahmen. Sie verbessern die Handlage kaum und sehen grobschlächtig aus - äußerlich der einzige Makel einer insgesamt optisch ansprechenden und gut verarbeiteten Konstruktion. Verriegelt saß das Rohr ohne fühlbares Spiel im Verschlussgehäuse. Für eine moderne Polymerpistole unüblich: Auch die Passungen zwischen Schlitten und Rahmen waren bei der vorliegenden Waffe exzellent. 

Selbstladepistole STEYR L9-A1
Mit ihrer auf der Führungsstange gekapselten Schließfedereinheit fallen beim Demontieren einer STEYR nur fünf Baugruppen an: Schlitten, Federeinheit, Lauf (mit offener Steuerkulisse), Griffstück und Magazin.
Selbstladepistole STEYR L9-A1
Im Inneren des Polymergriffstücks sitzt ein Stahlchassis, an dem Bedienelemente sowie die Teile der Schlossmechanik ansetzen.

Nichts klapperte oder wackelte. Der Schlitten ließ sich nur minimal auf seinen Führungsschienen bewegen. Ähnlich stramm passten auch die zwei mitgelieferten Magazine ins Griffstück. Bei leerem Behälter und zurückgezogenem Verschluss rutschten die Container je nach Winkel beim Handhaben etwas behäbig heraus. Rasantem Nachladen steht dies aber weniger entgegen als der schmale Magazinschacht. 

STEYR hält da die Wandstärken vor allem unten so schmal wie möglich - da bleibt weder für das Werk selbst noch für die Büchsenmacher realistisch viel Material, um den Schachteingang etwas anzutrichtern.

STEYR L9-A1: Schießverhalten 

Egal ob locker oder fest gepackt, das Testexemplar hatte leider die üble Angewohnheit, die Hülsen nicht nur etwas schwach und ungleichmäßig auszuwerfen -viel von dem heißen Messing landete auf den Unterarmen und ab und an auch im Gesicht. 

Dies ist aber keine für den Hersteller übliche Krankheit und kann je nach individueller Pistole und Handhabung auch viele andere Fabrikate betreffen. Der kraftlose Hülsenauswurf weckte freilich auch Bedenken bezüglich der Funktionssicherheit bei schwach gehaltener Waffe, im englischen als „limp-wristing“ bekannt. Dem war aber nicht so. 

Selbstladepistole STEYR L9-A1
STEYR L9-A1: Ein Druckknopf schützt den Demontagehebel vor versehentlichem Betätigen. Vor dem Abzugszüngel findet sich bei der STEYR L9-A1 noch eine zusätzliche, manuelle Sicherung. Zum Entsichern drückt der Zeigefinger sie nach oben ins Griffstück.

Die STEYR L9-A1 funktionierte auch einhändig geschossen im extraschlappen Zweifingergriff anstandslos und leistete sich nicht eine einzige Funktionsstörung. Das Schussverhalten erwies sich als sehr gut. Der Hochschlag bleibt minimal. Der Rückstoß überträgt sich dank des ergonomisch geformten Griffstücks angenehm in die Hand. Die zweifarbig eingelegte Visierung erschwert - wie bereits erwähnt - das genaue Zielen. Aber das ließe sich ja bei Bedarf schnell beheben.

Am besten schoss die Testwaffe mit der Steel Match von HORNADY: fünf Schuss auf 46 mm. Wie üblich produzierte die Pistole über 25 Meter Entfernung je nach Ladung einen leichten Hochschuss - in der Höhe nicht verstellbare Visierungen von Verteidigungs- und Dienstpistolen werden üblicherweise für einen Fleckschuss auf 15 Meter justiert. 


Technische Daten der STEYR L9-A1

Modell:STEYR L9-A1
Preis:€ 756,-
Import:ALBRECHT KIND GmbH
(www.akah.de)
Kaliber:9 mm Luger (als STEYR L40-A1 auch in .40 Smith & Wesson)
Kapazität: 
17 + 1 Patrone (in .40 Smith & Wesson: 12 + 1)
Maße (L x B x H):
195 x 33 x 141 mm
Lauflänge:
115 mm
Visierlänge: 
173 mm
Kimmenausschnitt:3,6 mm
Kornbreite: 
3,5 mm
Abzugsgewicht: 
2.500 g
Gesamtgewicht: 
790 g
Gewicht Lauf:105 g
Gewicht Verschluss:340 g
Gewicht Griffstück:
245 g

Schießtest: STEYR L9-A1 in 9mm Para

Nr.FabrikpatroneStreukreis 
1115 grs Sellier & Bellot JHP
167 (103) mm
2115 grs GECO JHP
99 (75) mm
3115 grs Magtech JHP
151 (76) mm
4123 grs Fiocchi 123 grs FMJ
131 (85) mm
5124 grs Hornady Tap CQ
112 (86) mm
6124 grs Remington Golden Saber + P JHP
128 (90) mm
7124 grs Topshot Competition FMJ
162 (121) mm
8125 grs Hornady Steel Match JHP
46 mm
9140 grs Sellier & Bellot FMJ
142 (118) mm
10147 grs Speer Lawman FMJ
143 (83) mm

Anmerkungen: Schussdistanz 25 Meter, sitzend aufgelegt geschossen, Fünf-Schuss-Gruppen, von Treffermitte zu Treffermitte gemessen. Angabe in Klammern = Vier-Schuss-Gruppen, nach Abzug eines Ausreißers. JHP = Jacket(ed) Hollow Point, Mantelhohlspitz-geschoss. FMJ = Full Metal Jacket, Vollmantelgeschoss. CQ = Close Quarters (Nahdistanz). grs = Grains, 1 Grain = 0,0648 Gramm.


STEYR L9-A1: Der Gesamteindruck

Die STEYR L9-A1 erscheint als gut verarbeitete und angenehm zu schießende Polymerpistole zu einem relativ günstigen Preis. 

Ab Werk lässt die Ausstattung zumindest für Rechtshänder nichts wirklich Unverzichbares vermissen. Und für einen ernsthaften Einsatzweck abseits des Schießstandes gibt es als Alternative zum serienmäßigen Visier auch eine Lösung mit Tritium-Einsätzen. Ansonsten existiert neben Holstern leider nicht viel passendes Zubehör für STEYRs Pistolenfamilie - aber vielleicht folgt das ja noch.