Test: Pedersoli Target – wie gut eignet sich die neue Steinschloss-Jägerbüchse fürs sportliche Schießen?

Von der deutschen Jägerbüchse zur amerikanischen Long Rifle – so lässt sich eine waffenhistorische Entwicklung aus dem 18. Jahrhundert beschreiben, von der jeder halbwegs interessierte Vorderladerschütze schon mal gelesen hat. An diese Übergangszeit erinnert nun der italienische Hersteller Pedersoli mit seiner neuen Jägerbüchse – zu kurz für eine klassische Long Rifle, aber deutlich länger als eine gängige Jägerbüchse. Wofür ist das gut?

Der Hintergrund: Die Geschichte der Steinschloss-Jägerbüchsen

Als deutschsprachige Auswanderer um 1700 ihre Steinschloss-Jägerbüchsen mit nach Amerika brachten, zeigte sich deren großer Vorteil. Deren gezogene Läufe gestatteten weit präzisere Schüsse als die damals üblichen glattläufigen Musketen – praktisch angesichts der oft großen Jagddistanzen. Wegen des Waffenbedarfs fanden als Büchsenmacher oder Schäfter geschulte Emigranten schnell Arbeit. Sie passten sich aber den neuen Anforderungen an – eine davon hieß: kleinere Kaliber. Denn Pulver und Blei waren nicht immer überall verfügbar. Es hieß, sparsam damit umzugehen. Um die dank der Kaliberverkleinerung geringere Energieausbeute auszugleichen, versahen die Büchsenmacher die Waffen zusehends mit längeren Läufen und verbesserten die Verbrennung: die Geburtsstunde der Long Rifle, also der langen Büchse.

Pedersoli Target in rechter Seitenansicht
Die Pedersoli Target misst 1.224 Millimeter und ist damit deutlich länger als gängige Jägerbüchsen.
Pedersoli Target Abzug
Die Pedersoli-Jägerbüchse Target hat einen Stecherabzug – der hintere dient zum Einstechen, der vordere zum Auslösen. Dazwischen sitzt die Einstellschraube.

Aller Kreativität zum Trotz konnten diese Pionier-Büchser nicht alles selbst herstellen. So wurden Waffen sowie Läufe, Schlösser und Beschläge importiert. Das besorgten Spezialisten wie Hans Caspar Wüster (1696-1751) aus Waldhilsbach (heute ein Stadtteil von Neckargemünd), der sich Caspar Wistar nannte. Der ehemalige Förster importierte zwischen 1730 bis 1740 Waren aus Deutschland, darunter Flinten, Büchsen und Gewehrteile, die er bei Büchsenmachern in Rothenberg (heute Stadtteil von Oberzent) orderte. Deshalb hat manch frühe Long Rifle einen Lauf oder ein Schloss aus Deutschland. Um die Einfuhrabgaben zu umgehen, versteckte Wistar viele Importbüchsen in Baumstämmen. Am 1. Oktober 1737 schrieb er in einem Brief, die Läufe der bestellten Büchsen müssten länger sein als gewöhnlich, in Amerika bevorzuge man Büchsen, deren Läufe zwischen drei Fuß (91 cm) und drei Fuß vier Zoll (1,02 m) lang wären. Kurze Büchsen ließen sich nicht absetzen. Zudem sollten die Stecher so sein, dass man die Büchsen auch schießen könnte, ohne vorher einzustechen. Gewünscht waren robuste Abzüge, keine empfindlichen Nadelstecher.

Die Testwaffe: Das ist die neue Pedersoli Target

Pedersoli Target Perlkorn
Das Perlkorn der neuen Target von Pedersoli.

Anders als die Auswanderer betritt Pedersoli mit dieser Jägerbüchse kein Neuland. Das Werk fertigt derlei schon seit Jahren. Die ursprüngliche Version mit Stahlbeschlägen und 1:600-mm-Drall gehört nach wie vor als "Jaeger Hunter" zum Programm. 2004 entstand die erste als Target bezeichnete und aufs Scheibenschießen ausgelegte Variante mit dem langen Drall von 1:1660 mm. Wie der vom Pedersoli Service Point zum Test überstellte Prüfling zeigt, ist dieser Spross aus Pedersolis Jägerbüchsen-Familie "erwachsen" geworden. Er wurde um gut 13 cm länger, zudem wich der deplatziert wirkende Korntunnel der ersten Ausführung einem durch zwei Kornbacken geschützten Perlkorn.

Pedersoli Target Innenansicht des Steinschlosses
Das Pedersoli-Steinschloss von innen. Die Schlagfeder liegt direkt auf dem Nusskrapfen, es gibt keine verbindende Kette.

Wie die Waffenlänge passt auch der Aufbau des Steinschlosses in die Zeit um 1740/50: Nichts, das damals nicht bei hochwertigen zivilen Schlossen üblich war. Pedersoli hat eine optisch ansprechende Waffe aufgelegt. Da man hauptsächlich für Schützen und nicht für Museen fertigt, gibt es Konzessionen an Sport und moderne Fertigungsmethoden, etwa die nicht ganz Jägerbüchsengerechte Visierung und den matt brünierten Achtkantlauf, der durchgehend eine Schlüsselweite von einem Zoll (2,54 Zentimeter) hat und nicht, wie bei Jägerbüchsen und Long Rifles, geschweift ist. Der polierte und gelackte Schaft besteht aus amerikanischem Nussbaum. Die Passungen zwischen Holz und Metall sind gut, aber es gibt einige überstehende Kanten und einige sichtbare Spalten. Die schlichte, voll geschäftete Waffe hat einen geraden Schaftrücken, links am Hinterschaft eine Backe, rechts einen Pflasterkasten und eine – sehr schönes Detail – Schuppenfischhaut am Kolbenhals. Die Waffe erweist sich als gut ausbalanciert und lässt sich stehend wie liegend anschlagen. Authentisch halten Stifte Lauf und Beschläge im Schaft. Schloss und Messing-Schaftkappe zeigen sich, auch historisch korrekt, angeschraubt. Leider sind die Köpfe der Schlossschrauben zylindrisch und nicht halbrund wie bei den meisten Originalen. Als Abzug fungiert – wieder korrekt – ein deutscher Stecher. Bei der Schlossplatte handelt es sich um ein poliertes Feingussteil. Der Pfanndeckel läuft auf einer (erst auf den zweiten Blick sichtbaren) Rolle. Die Pfanne ist innen geglättet, aber nicht poliert.

Korn, Kimme, Diopter – die Visierung der Target Jägerbüchse:

Pedersoli Target Diopter für Linksschützen ummontiert
Nein – kein Fehler, sondern Absicht: Das Diopter steckt andersrum in der Aufnahme, weil ein Tester Linksschütze ist und sonst die Seitenstellschraube zu nahe am Gesicht gelegen hätte. Der Montagesteckfuß ist das große Plus des Diopters. So lässt sich die Waffe auch für Linksschützen anpassen, denn besagte Stellschraube findet sich nun gegenüber dem Gesicht.

Die Visierung besteht aus einem von zwei Kornbacken geschützten Perlkorn der Höhe 6,8 Millimeter (über der Laufoberfläche), einer festen Kimme der Höhe 8,6 Millimeter mit V-Ausschnitt und einem Diopter. Kein Anachronismus: Frühe, als "Lochscheiben" bekannte Diopterarten fanden sich schon auf Scheibenbüchsen des 16. Jahrhunderts. Zu den Zielelementen der Pedersoli: Nach dem Einstellen des Diopters sollte man diese Position sichern. Dies lässt sich durch Anziehen der Schraube vorn im Diopter besorgen. 

Wer damit à la DSB sporteln will, bedenke, dass das Regelwerk nur eine Visierung aus zwei Elementen zulässt. Also "Kimme und Korn" oder "Diopter und Korn". Wer Letzteres wählt, müsste die Kimme demontieren. Besser wäre, ab Werk die Kimmennut per Platte zu verschließen und die Kimme als Zubehör beizulegen. Oh, natürlich probierten die Tester auch, wie die Waffe via offene Visierung traf: Bei Haltepunkt "Spiegel aufsitzend" lagen die Treffer unten auf der Scheibe im Bereich der Ringe 1 und 2. Aber hier bietet das Diopter stets mehr Vorteile, der alten Augen wegen und natürlich wegen der Länge der Visierlinie – über Kimme und Korn 685 Millimeter, aber mit Diopter 865 Millimeter.


Spur der Steine – das Steinschloss der Pedersoli Target:

Pedersoli Target mit gespanntem Hahn
Das Steinschloss der Pedersoli Target: Hahn gespannt, die Pfanne (mit der Friktionsrolle am Batteriefuß) offen, Blick aufs Zündloch.

Ab Werk war der Feuerstein in einem Bleifutter eingespannt. Das sieht zwar gut aus, muss aber regelmäßig nachgezogen werden. Sonst lockert sich der Stein, was zu Fehlzündern führt. Deshalb wurden Stein und Bleifutter nach einer ersten Probeserie gegen einen hellen Naturfeuerstein und ein Lederfutter getauscht. Auch bei einem Lederfutter sollte der feste Steinsitz von Zeit zu Zeit überprüft werden. Den Stein (hier: ¾ Zoll Größe) so einspannen, dass seine Schneide die Batterie auf voller Breite und im oberen Drittel trifft. Im entspannten Zustand sollte seine Schneide auf die Pfanne zeigen, aber nicht direkt vor dem Zündloch stehen, da er sonst verbrennen kann. Steine sind Verschleißteile und halten nicht ewig. Liefern sie nicht mehr genug Funken, wechsele man sie aus. Mancher Stein funkt bei mehr als 50 Schuss gut, andere haben nach kaum mehr als zehn Schuss ausgedient. Die Tester verwendeten zwei Steine (heller Naturflint). Reserve-Feuersteine und Lederfutter sollten stets beim Zubehör liegen, stilgerecht empfiehlt sich der Pflasterkasten als Reservoir.

Technische Daten und Preis des Vorderladers Pedersoli Target:

Modell:Pedersoli Target
Preis:1.710,- Euro
Kaliber:.54 (13,72 mm)
Kapazität:1 Schuss
Länge:1.224 mm
Lauflänge:823 mm
Dralllänge:1:65" (166 cm), 7 Züge
Abzugsgewicht:zirka 400 g (eingestochen), zirka 1.200 g (ohne Stecher)
Gewicht:4.060 g
Links-/Rechs-Ausführung:für Rechtshänder, bedingt auch für Linksschützen geeignet
Ausstattung:Vorderladerbüchse mit Steinschloss. Bräunierter Achtkantlauf mit Zündlocheinsatz, geöltes Nussbaumholz mit Messingbeschlägen, Fischhaut, Backe und Kolbenfach. Perlkorn mit Schutzbacken, Standkimme (beides driftbar), aufsteckbares und voll verstellbares Kolbenhalsdiopter.

Das Laden: Wie macht man die Pedersoli Target schussbereit?

Pedersoli Target mit Feuerblitz
Marianne Finzes Kamera hielt den Moment des brechenden Schusses fest, bei Vorderladern stets spektakulär.

Für beste Präzision empfiehlt Pedersoli Bleikugeln im Durchmesser .535", Pflaster der Stärke 0,25 Millimeter (0,01", hier mit Talg getränktes Leinen) und 70 Grains Pulver, maximal 100 Grains. Da die Hinweise keine Angaben zur Pulverart enthalten, lassen sich die Mengen bei den gängigen Schweizer Pulversorten erfahrungsgemäß um etwa zehn Prozent mindern. Die Tester brachten das Pulver per 10-Zentimeter-Trichter ein. Die Ladung bestand aus Pulver und der gepflasterten Kugel – kein Zwischenmittel. Die Schützen drückten die gepflasterten Kugeln mittels eines oder zweier Ladehammerschläge in die Mündung und schoben sie via Kugelstarter etwa eine Handbreit in den Lauf. Dann der Griff zum mit passender Mündungsbuchse bewehrten Ladestock, um die Kugel in einem Zug hinunter zu drücken. Dabei achteten die Tester auf eine Markierung am Stock, um sicherzustellen, dass die Kugel auf dem Pulver saß. Zum Befüllen der Pfanne mit Wano-Zündkraut diente ein entsprechender Spender. Die Zündladung muss etwa in Pfannenmitte liegen und darf nicht das Zündloch verdecken. Dieses machten die Prüfer vor jedem Schuss mit einer Räumnadel frei. Nach jedem Feuern wurde der Lauf trocken durchgezogen, nach jeder Serie wurde der Lauf erst mit einem angefeuchteten Patch und danach trocken gewischt.

Unser Test-Fazit zur Jägerbüchse Pedersoli Target:

Die Büchse schießt ausgezeichnet. Alle getesteten Ladungen halten auf 50 Meter Schussdistanz die Zehn der ISSF-Scheibe, landen also innerhalb eines Kreises von 50 Millimeter Durchmesser. Präzisionspotential: hervorragend. Nur ein Nachteil: Wenn ein Schütze schlecht trifft, kann er es nicht auf das Gewehr schieben ...


Text: Wolfgang Finze und Matthias S. Recktenwald

Weitere Informationen zur Jägerbüchse Target erhalten Sie auf der Homepage von Pedersoli und bei unserem Partner ARTAX Vorderlader.

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