Repetierflinte in 12/76 im Test: Stoeger P3000 Tactical – was kann die Waffe für unter 500 Euro sportlich?

Leader Trading in Ratingen hat Stoeger-Pump-Action und Selbstladeflinten (siehe dazu VISIER  03/2023, erhältlich im VS Medien-Onlineshop) im Programm. Beide Waffenarten werden in verschiedenen Ausführungen unter dem Stoeger-Label in der Türkei hergestellt. Ja, auch die Beretta Gruppe hat ein Standbein an diesem Produktionsstandort. Wie schon ihre halbautomatische Schwester ist auch die Repetierflinte überwiegend in mattschwarz gehalten, wobei auch in diesem Fall das fest eingebaute Magazinrohr durch seine glänzend schwarze Oberfläche optisch ein wenig aus dem Rahmen fällt. Die Stoeger P3000 Tactical wird ihrem Namen durchaus gerecht, denn das brachiale Erscheinungsbild dieses Repetierers lässt bezüglich des geplanten Verwendungszwecks keinerlei Zweifel aufkommen. Ganz besonders der montierte "Door Breacher"-Mündungsaufsatz, ein verlängerter Einschraub-Choke mit extrem scharfkantigen Zacken am vorderen Ende, weist auf den geplanten taktischen Einsatz dieser Flinte hin. Die Zacken sind allerdings nicht ganz ungefährlich und bringen eine gewisse Verletzungsgefahr mit sich. Außerdem sollte man beim Einpacken der Flinte sehr vorsichtig sein, um die Gewehrtaschen-Polsterung nicht zu beschädigen. 

P3000 Tactical von Stoeger komplett.
Trotz des günstigen Preises überzeugte die Verarbeitungsqualität der Pump Action-Flinte von Stoeger. Die getestete Variante P3000 Tactical kommt mit Wechsel-Choke-Lauf und verlängertem Magazin.

Doch wozu soll dieser Mündungsaufsatz eigentlich gut sein? Ganz einfach: Wie der englische Name bereits sagt, dient der Door Breacher zum Aufbrechen von Türen. Die Flinte wird dabei direkt gegen das Türblatt oder das Türschloss gedrückt und die scharfkantigen Zacken sorgen dafür, dass der Flintenschütze nicht abrutscht. Der Door Breacher verfügt über einige Entlastungsöffnungen, um den Gasdruck im Schuss zu vermindern und somit einer eventuell möglichen Laufsprengung entgegenzuwirken. Aber Vorsicht! Die Einsatz-Profis verwenden hierzu spezielle taktische Behörden-Munition. Mit handelsüblicher Jagd- oder Sport-Munition sollte man so etwas aus Sicherheitsgründen auf gar keinen Fall versuchen. Dies könnte nämlich leicht ins sprichwörtliche Auge gehen. Wem der Door Breacher zu martialisch erscheint, der kann ihn auch gegen einen normalen Einschraub-Choke austauschen. Die Chokes der Stoeger Selbstladeflinte passen nämlich auch bei der Repetierflinte. Mit ihrer gut durchdachten Konstruktion und der Magazin-Kapazität von 7  +  1  Patronen scheint die Waffe für alle Einsatzzwecke gut gerüstet zu sein und sollte deshalb auch beim Sporteinsatz eine gute Figur machen. Doch dazu später mehr. Das Modell wird im Karton geliefert und als Ausstattung dient lediglich ein sehr einfacher Tragegurt sowie eine Bedienungsanleitung auf Englisch. Das war’s. Angesichts des sehr günstigen Preises von 475,-  Euro kann man allerdings auch nicht ernsthaft mehr erwarten.

Die P3000 Tactical kommt mit Ghost Ring-Visierung.
Die getestete Variante P3000 Tactical kommt mit Ghost Ring-Visierung und zusätzlicher Picatinny-Montageschiene. Für den Test wurde sie mit Ghost Ring und alternativ mit Red Dot geschossen.

Die Stoeger P3000 Tactical in 12/76 im Detail

Beim Auspacken fällt schon auf den ersten Blick die Verwandtschaft zur Selbstladeflinte M3000 auf. Verarbeitung und Haptik sind jedenfalls auf recht hohem Niveau. Auf dem Leichtmetallgehäuse der P3000 ist sowohl eine verstellbare Ghost  Ring-Visierung als auch eine Picatinny-Montageschiene angebracht. Der Lauf weist einen hohen Kornsattel mit rotem Leuchtkorn und ausgeprägten Kornschutzbacken auf. Für den leicht angerauten Kunststoff-Schaft mit der sehr griffigen Oberflächenstruktur im Handhabungsbereich gilt: Das fasst sich alles hervorragend an und vermittelt einen hochwertigen Eindruck. Davon könnte sich so mancher namhafte Hersteller gerne mal eine Scheibe abschneiden. Auch die Passform stimmt. Der Lauf sitzt bombenfest im Gehäuse und auch der Hinterschaft und das Magazinrohr weisen nicht das geringste Spiel auf. Lediglich der Vorderschaft lässt sich in der Längsachse ein wenig verdrehen. Dies liegt aber ausschließlich am Spiel der Schubstangen für die Repetiermechanik und tritt bei Repetierflinten sehr häufig auf, auch bei sehr hochpreisigen Modellen. Etwas nervt allerdings der fest am Hinter-Schaft angebrachte Riemenbügel. Das bei jeder kleinen Bewegung entstehende Geräusch erinnert an eine im Schaftinneren hin und her rollende Kugel. Schon bei einer Sportflinte ist das mehr als lästig, bei einer taktischen Einsatzflinte kann so etwas sogar gefährlich werden. An ein geräuschloses Anschleichen ist unter diesen Voraussetzungen jedenfalls nicht zu denken. Hier sollte der Hersteller noch einmal Hand anlegen. Wo wir gerade bei der Kritik sind: Auch bei dieser Flinte scheint es mit der Abriebfestigkeit der gutaussehenden Oberflächenbeschichtung nicht allzu weit her zu sein. Schon nach kurzer Zeit auf dem Schießstand waren auch hier deutliche Abriebspuren sichtbar. Ehrlicherweise ist das alles aber nur Jammern auf hohem Niveau und in Anbetracht des ausgesprochen günstigen Preises kann man hier auch mal ein Auge zudrücken.

Zerlegte Stoeger P3000.
Doppelte Schubstangen sind bei Vorderschaftrepetierern seit Jahrzehnten bewährter Standard. Einen Drehkopf-Verschluss wie den der Stoeger P3000 sieht man dagegen bei Pump Actions nicht so häufig, eher bei Selbstladern.

Wie sehr Hersteller und Importeur von der Qualität überzeugt sind, zeigt die Tatsache, dass es für diese Flinte eine kostenlose Fünfjahres-Garantie gibt, wohlgemerkt bei einem Preis unterhalb von 500,-  Euro. Auch der Stoeger-Repetierer wurde mit einer Magazinbegrenzung auf zwei Patronen ausgeliefert. Zwar war der Ausbau problemlos, allerdings nicht werkzeuglos durchführbar. Mittels einer kleinen Zange kann man den am vorderen Ende des Magazinrohrs angebrachten Sicherungsring schräg abkippen und entnehmen. Danach lässt sich der entsprechende Kunststoffstab ganz einfach herausziehen. Das Magazinrohr ist vorne mittels einer Kunststoffhülse verschlossen, so dass keine Gefahr hinsichtlich einer herausschnellenden Magazinfeder besteht  –  sehr gut.

Ladefenster der Stoeger P3000.
Auch ohne extra ausgefräster Ladeöffnung ließ sich die Stoeger P3000 schnell und bequem per Double Load nachladen. Auch Quad Loads funktionierten.

Zur Handhabung der Stoeger P3000

Zusammen mit der dünnen, im Gegensatz zur Selbstladeflinte nicht ventilierten, aber trotzdem sehr rutschfesten Gummi-Schaftkappe ergibt sich auch mit der P3000 ein unerschütterlich stabiler Anschlag. Klasse! Die Ladeöffnung an der Gehäuse-Unterseite wurde zwar nicht ausgefräst wie beim sportlichen Selbstlader, aber trotzdem gelingt das Laden und Nachladen sehr gut. Die Double  Load-Technik, bei der zwei Patronen auf einmal in die Hand genommen und in das Röhrenmagazin geladen werden, funktioniert prima. Selbst der Quad Load mit vier Patronen in der Hand funktioniert ganz gut, wenn auch nicht übermäßig schnell. Die relativ kurze Flinte ist sehr führig und richtig gut ausbalanciert. Mit 47  Zentimetern Lauflänge und mindestens 99  cm Gesamtlänge (103  cm mit Door Breacher) erfüllt sie die gesetzlichen Vorgaben bezüglich sportlich zugelassener Repetierflinten. Den Abzug kann man nur als hervorragend bezeichnen. Bei nur 1.500  g Abzugsgewicht bricht er trocken wie Glas. Exzellent! Wie schon bei Stoegers Halbautomaten lässt sich auch der ungespannte Repetierer P3000 gesichert nicht öffnen und somit auch nicht spannen oder repetieren. Über den Sinn dieser Funktion lässt sich streiten. Das Repetieren geht recht flott von der Hand. Natürlich gibt es speziell auf den Sporteinsatz zugeschnittene Vorderschaft-Repetierer, bei denen das noch leichter und schneller geht, aber da ist man dann auch locker beim doppelten oder gar dreifachen Preis. Das Preis-/Leistungsverhältnis ist aufgrund der gebotenen Eigenschaften daher fast schon als sensationell zu bezeichnen.

Mit der Repetierflinte Stoeger P3000 auf dem Schießstand

Hier fühlt sich der Repetierer sichtlich wohl und auch die Tester waren mehr als zufrieden mit der Funktion und dem angenehmen Schussverhalten der P3000. Am verhältnismäßig geringen Rückstoß und Hochschlag dürfte außer dem stabilen Anschlag auch der Door Breacher mit seinen Entlastungs-Öffnungen beteiligt sein. Zumindest hatten die Tester den Eindruck, dass sich der Repetierer mit "normalen" Einschraub-Chokes spürbar ruppiger gab. Auch wenn Aufmachung und Name eindeutig Bezug auf den taktischen Behörden-Einsatz nehmen, so ist diese Flinte doch auch ein hervorragendes Sportgerät. Sie funktioniert problemlos mit allen handelsüblichen Slugs und Schrotpatronen von Kaliber 12/60 bis Kaliber 12/76. Störungen? Fehlanzeige! Schon beim schnellen Schießen mit Schrot auf Stahl-Fallplatten waren die Tester restlos begeistert.

Stoeger P3000 Tactical auf dem Schießstand.
Manfred Struch mit der Stoeger P3000 Tactical. Was treibt das kleine Kästchen auf der Picatinny-Rail? Die Trefferausbeute optimieren, dafür eignet sich das kompakte Holosun HE509T-RD prächtig.

Die Stoeger lässt sich schnell und sicher repetieren und der großartige Abzug erleichtert dem Schützen "die Arbeit“ ungemein. Aber auch die Präzision mit Slugs war mehr als überzeugend. Die Präzisionstests wurden in Zusammenarbeit mit mehreren Schützenkollegen und unter Zuhilfenahme eines Leuchtpunktvisiers durchgeführt. Das sehr kompakte Holosun  HE509T-RD (Test in VISIER  02/2021, die können Sie im VS Medien-Onlineshop beziehen) überzeugte dabei durch hochwertige Ausstattung und sehr gute Funktion. Obwohl das verstellbare, serienmäßige Ghost  Ring-Visier der P3000 Tactical schon recht gute Ergebnisse brachte, wollten es die Tester einfach genau wissen. Lassen sich die Treffer-Ergebnisse durch die Verwendung eines Red Dots noch einmal signifikant verbessern? 

Das kann man durchaus bejahen: Mit Ausnahme der S  &  B Practical Whiteline Slugs im Kaliber 12/63,5mm. Hier gab es sowohl mit dem Original-Visier als auch mit dem Red Dot von Holosun jeweils Fünfschuss-Streukreise von 70  mm. Bei allen anderen doppelt geprüften Munitionssorten lagen die mit dem Red Dot erzielten Streukreise mehr als deutlich in Front. Mit den hart geladenen Classic Slugs im Kaliber 12/70 von Brenneke konnte ein geradezu überragender Streukreis von nur 30  Millimeter erzielt werden: Top! Aber auch der 45-mm-Streukreis mit den Competition Slugs im Kaliber 12/67,5 der Marke GECO sind mehr als überzeugend.

Stoeger P3000 Tactical Repetierflinte: Technische Daten und Preis

Modell:Stoeger P3000 Tactical
Preis:475,- Euro
Kaliber:12/76
Kapazität:7 + 1 Patronen
Länge:1.030 mm
Lauflänge:470 mm
Schaftlänge:310 mm
Abzugsgewicht:1.500 g
Gewicht:2.985 g
Links-/Rechts-Ausführung:rechts
Ausstattung:Drehkopf-Verschluss,  Leichtmetall-Gehäuse, Wechselchoke-Lauf, Leuchtkorn mit Kornschutzbacken, Ghost Ring-Visierung, Picatinny-Montageschiene.

Test-Fazit: Das kann die Pump-Action-Flinte Stoeger P3000 Tactical

Stoeger bietet mit der Repetierflinte P3000 Tactical eine durchdachte und gut verarbeitete Repetierflinte zu einem sehr günstigen Preis an. Das Ganze dazu auch noch mit einer kostenlosen 5-Jahres-Garantie on Top. Was will man mehr? Man kann hier nur eine sehr deutliche Kaufempfehlung aussprechen. Einer der bei den Tests Anwesenden war so begeistert, dass er sich bereits um eine waffenrechtliche Befürwortung für diese Flinte kümmert, womit sich wohl jeder weitere Kommentar erübrigt. Obwohl  –  etwas sollte unbedingt noch gesagt werden: wow!

 Das hat uns gut gefallen: Das fanden wir weniger gut:

- Gute Verarbeitung, sensationeller Preis

- Hervorragende Präzision

- Sehr guter Abzug

- Oberflächenbeschichtung etwas empfindlich

- Klappernder Riemenbügel

- Repetiermechanik nicht verwindungsfrei


Text: Frank Flumm und Hamza Malalla

Dieser Test stand auch in der VISIER, Ausgabe 04/2023. Darin finden Sie die Streukreise der Stoeger P3000 für neun verschiedene Flintenlaufgeschosse von 12/60 bis 12/76 in der praktischen Tabelle. Das Heft ist im VS Medien-Onlineshop erhältlich – auch als Digitalausgabe.

Ein großes Dankeschön auch an Ralf Kunzmann, Martin Laib und Manfred Struch für die Unterstützung beim Test sowie an Maja und Volker Hack vom Ballistikzentrum Stahlziele GmbH in Sternenfels, die ihren Schießstand zur Verfügung stellten.

Weitere Informationen zu den Waffen des Herstellers finden Sie auf der Website von Stoeger Industries sowie beim deutschen Importeur, Leader Trading.

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