
Zu Beginn fertigte Roy Weatherby in South Gate, Kalifornien, Custom-Gewehre auf Basis von Mauser 98-Systemen unterschiedlicher Hersteller nach Kundenwunsch. 1956 ging er eine Kooperation mit Schultz & Larsen aus Dänemark ein und verwendete das skandinavische Modell 54-System als Fundament für seine Büchsen in .378 Weatherby Magnum. Nach vorangegangenen Jahren der Entwicklungsarbeit konnte er zwei Jahre später sein hauseigenes, robustes Mark-V-Zylinderverschlusssystem vorstellen, das einem Gasdruck von bis zu 7.000 bar gewachsen war. Zuerst wurde das Mark-V-System vom Zulieferer Pacific Founders, Inc. in den USA produziert. Aufgrund der steigenden Nachfrage nach kompletten Mark-V-Büchsen schloss sich Roy Weatherby mit J. P. Sauer & Sohn in Deutschland zusammen, wo dann die Gewehre gefertigt wurden. Wegen gestiegener Herstellungskosten verlagerte Weatherby in den frühen 70er Jahren die Produktion nach Japan. Dort, bei Howa, entstand auf Basis des simpleren Howa-1500-Zylinderverschlusses die preisgünstige Weatherby Vanguard-Gewehrbaureihe, aus der auch der Protagonist dieses Beitrages stammt. Der Mark-V-Verschluss mit niedrigem Öffnungswinkel und drei Gasentlastungsbohrungen weist für die leistungsstarken Kaliber wie .378 Weatherby Magnum neun Verriegelungswarzen und in verkleinerter Ausführung für Varmint-Kaliber wie .224 Weatherby Magnum sechs Verriegelungswarzen auf. Der Howa 1500/Weatherby Vanguard-Verschluss besitzt hingegen nur zwei Verriegelungswarzen. Diese Serie war von Weatherby als Gegenspieler zu Remington 700, Winchester 70 und Co. gedacht. 2018 siedelte das Unternehmen von Paso Robles, Kalifornien, nach Sheridan in Wyoming um.
Hintergrund: Die Kaliber aus dem Hause Weatherby

Schon 1944 sorgte der Innovator Roy Weatherby mit seiner .300 Weatherby Magnum für Aufsehen. Der 1920 eingeführten .300 H&H Magnum verhalf er durch eine weit nach vorne verlagerter Schulter mit Weatherby-typischem Doppelradius zu knapp 12% mehr Pulverraum und 10% mehr Leistung. Das andere Erkennungsmerkmal aller Weatherby-Patronen, die Gürtelhülse, brachte die .300 H&H Magnum bereits mit, sodass sie in einem .300 Weatherby Magnum-Patronenlager durch das Verschießen („Fireforming“ = Feuerformen) zur Weatherby-Patrone wird. Der Gürtel an der Hülse dient aber nicht als Verstärkung des Hülsenkörpers, sondern als Anlagekante für den Verschlussabstand. Eingeführt wurde der Gürtel von britischen Büchsenmachern, die es von den klassischen Doppelbüchsen für Randpatronen gewohnt waren, den Verschlussabstand am Hülsenboden zu bilden, weil die kurz nach der Jahrhundertwende eingeführten Repetierbüchsenpatronen wie .300 oder .375 H&H Mag. mit 8 bis 12 Grad einen zu flachen Schulterwinkel hatten, um damit den Verschlussabstand einzuhalten. Die .300 Weatherby Magnum mit Gürtel bildet den Verschlussabstand indes, wie fast alle anderen Gewehrpatronen auch, auf der Hülsenschulter. Die bei allen Weatherby-Patronen anzutreffende Schulter mit Doppelradius soll durch den sogenannten „Venturi-Effekt“ die Strömungsgeschwindigkeit der Pulvergase und damit die ballistische Leistung erhöhen. Den Titel der weltstärksten .30er-Fabrikpatrone musste die .300 Weatherby Magnum erst im Jahre 1996 an die .30-378 aus eigenem Hause abtreten. Die Gewehre von Weatherby und von anderen Herstellern für die Hochleistungskaliber besitzen einen langen, flachen Übergangskonus in das gezogene Laufprofil. Dieser „Freebore“ soll den kurzzeitig gasdrucksteigernden Geschosseintritt in die gezogene Laufpartie verzögern, um dem Projektil mehr Anlaufzeit ohne Reibungsverlust im Laufprofil zu verleihen.

Eines der aktuellsten Weatherby-Kaliber ist die 6,5 Weatherby Rebated Precision Magnum (WBY RPM, oft abgekürzt als RPM) aus dem Jahre 2019. 2022 folgte mit der .338 Weatherby RPM eine weitere Patrone. Diese jungen Kaliber weisen aber nicht die typischen Weatherby-Markenzeichen wie Gürtel oder Doppelradiusschulter auf und die Gewehre müssen auch nicht mit „Freebore“ ausgestattet sein. Die 6,5 Weatherby RPM als Gegenspielerin zu heißen Kalibern wie 6,5 PRC und 6,5-284 Norma wurde erschaffen, um in einer leichten Gebirgsbüchse mit Magnum-System aus Titanlegierung untergebracht zu werden. Nach diesem Kurzausflug in die Weatherby-Historie und dem Streben nach ballistischen Höchstleistungen widmen wir uns nun der Testwaffe.
Die von der Helmut Hofmann GmbH importierte Repetierbüchse Weatherby Vanguard Spike Camp im Detail

Neben der hier gezeigten Ausführung in 6,5 Creedmoor wird die Weatherby Vanguard Spike Camp (wir hatten die Büchse auch schon auf den Internationalen Jagd- und Schützentagen 2024 in Grünau vorgestellt) in den drei weiteren Kalibern .223 Remington, .308 Winchester und .350 Legend eingerichtet. Letzteres, erstmalig auf der SHOT Show 2019 vorgestelltes Kaliber ist eine reine US-Spezialität für spezifische Regulierungen in einigen US-Bundesstaaten, in denen für die Hirschjagd nur Zentralfeuergewehrpatronen mit nostalgisch anmutender Zylinderhülse ohne Schulter genutzt werden dürfen. Der Howa-1500-Zylinderverschluss mit integriertem Rückstoßgegenlager an der Systemhülse wird durch einen 20“/508 mm langen, mittelschweren Lauf mit 1-8“-Drall und 5/8“x24 UNEF-Mündungsgewinde komplettiert.

Diese Einheit wird in einen ebenso robusten wie attraktiven Daumenloch-Schichtholzschaft des US-Herstellers Boyds gebettet, wobei auch Handarbeit und Bettungsmasse an relevanten Stellen zum Einsatz kommen, was man bei Repetierern in dieser Preisklasse eher selten antrifft. Der Griffwinkel des Daumenlochschaftes passt sowohl für freihändige wie aufgelegte Anschläge. Die Riemenbügelösen werden auch nicht einfach in den Vorderschaft eingeschraubt, sondern auf der Gegenseite mit einer Mutter gesichert. Selbst wenn hier mit einem Zweibein gearbeitet wird, kann man sicher sein, dass die Schraube im Holz auf jeden Fall halten wird. Abgerundet wird das Gewehr durch einen praxistauglichen Direktabzug mit einem gemessenen Abzugsgewicht von rund 1.500 Gramm sowie durch eine Dreistellungssicherung rechts neben dem Schlösschen mit griffiger Bedientaste.
Auf dem Schießstand: Der Repetierer Weatherby Vanguard Spike Camp in der Praxis
Aufgerüstet mit einem Leupold VX5 HD-Zielfernrohr in 3-15x44 und einem Harris-Zweibein zogen wir mit der Vanguard Spike Camp in 6,5 Creedmoor auf den 100-Meter-Raumschießstand, um die Büchse aus legendärem Hause mit sieben Fabrikpatronen-Sorten mit einem Geschossgewichtsspektrum von 95 bis 143 Grains auf Schussleistung zu überprüfen. Der gelungen gestaltete Daumenloch-Schichtholzschaft mit breitem Vorderschaft sorgte für einen stabilen Anschlag mit vorderem Zweibein und hinterer Sandsackauflage. Der schwere, kannelierte „Semi Weight“-Lauf mit üppigem Außendurchmesser, der im Hause Weatherby als Laufkontur #3 gelistet wird und auch längere Schussserien verträgt, trägt ebenfalls zum gutmütigen Schussverhalten bei. Die herstellerseitige Präzisionsgarantie von 1 MOA (ca. 29 mm) bei Verwendung von qualitativ hochwertiger Fabrikmunition konnte mit nahezu jeder genutzten Laborierung unterboten werden, was der Testsieger mit 13 mm (Hornady 95 Grains V-Max) belegt.

Technische Daten und Preis: Weatherby Vanguard Spike Camp
Modell: | Weatherby Vanguard Spike Champ |
System: | Zylinderverschluss mit zwei Verriegelungswarzen, die in der Systemhülse verriegeln |
Lauf: | 20“/508 mm langer, kannelierter „Semi Weight“-Lauf mit 1-8“-Drall und 5/8“x24 UNEF-Mündungsgewinde |
Schaft: | graubrauner Boyds Daumenloch-Schichtholzschaft mit verschraubten Riemenbügelösen |
Magazin: | Klappdeckel-Schaftmagazin mit Kapazität für 4 Patronen |
Abzug/-gewicht: | verstellbarer Direktabzug/gemessenes Abzugsgewicht 1.510 Gramm |
Sicherung: | Dreistellungssicherung rechts am Schlösschen, die auf den Abzug wirkt |
Länge: | 105,4 cm |
Gewicht: | 3,4 kg |
Preis: | 1.349,- Euro |
Fazit: Die Weatherby Vanguard Spike Champ
Die Weatherby Vanguard Spike Camp in 6,5 Creedmoor hat sich im Test wacker geschlagen. Verarbeitung und Ausstattung sind ebenso wie die Performance auf dem Schießstand angesichts des Preises von 1.349 Euro durchaus stimmig.
Text: Stefan Perey und Michael Fischer
Dieser Test erschien auch in der caliber 4/2025. Dort ist auch die detaillierte Schießtabelle mit den Ergebnissen zu 7 Laborierungen enhalten. Das Heft können Sie im VS Medien-Shop online kaufen. Dort steht es auch als ePaper zur Verfügung.
Weitere Informationen zu den Waffen von Weatherby, erhalten Sie auf der Webseite des Herstellers. Ebenso beim deutschen Importeur, der Helmut Hofmann GmbH (Bezug durch Endkunden ausschließlich über den Fachhandel).