Jagdliche Schalldämpfer 2021: Technik, aktuelle Markt-Entwicklungen und die richtige Reinigung und Pflege

Betrachtet man die derzeit erfolgreichen Schalldämpfermodelle auf dem Markt genauer, fallen bei einer Reihe von ihnen Ähnlichkeiten bei den Konstruktionsmerkmalen deutlich ins Auge: Gerade Blenden mit einem durchgehenden mittigen Geschossflugrohr, das Portierungsöffnungen aufweist. Die ersten Konstruktionen von Jagdschalldämpfern mit diesem Design tauchten schon um das Jahr 2000 auf. Dabei ist die ursprüngliche Erfindung nicht wirklich jemandem direkt zuzuordnen.

So werden Schalldämpfer für Jagdwaffen in 2021 konsturiert

Zwei Unterschiedliche Schalldämpfer-Bauweisen.
Aufschneider (von links): Schnitt durch zwei
Dämpfer von Roedale. Das Modell
aus Titanlegierung aus dem 3D-Drucker kommt im Vergleich zur herkömmlichen Herstellung ohne Schrauben oder Schweißen aus. Das vermeidet doppelte Wandstärken bei besserer Stabilität.

So finden sich bei dem Spezialisten Lutz Möller mit seinem "Feuerschlucker" zur gleichen Zeit sehr ähnliche Ansätze – auch hier: Gerade Blenden mit großzügigen Portierungen aus dem Geschossflugrohr, vor allem in der zweiten Hälfte des Dämpfers. 

Fest steht jedoch, dass das eingereichte Patent aus dem Jahr 2000 auf den Namen Hausken lautet. Das Design setzte sich innerhalb weniger Jahre durch, ob ERA SOB, SIW, Roedale, A-Tech – viele ließen sich von dem Aufbau für eigene Weiterentwicklungen inspirieren. Betrachtet man die Messergebnisse, bei denen besonders geringe Unterschiede zwischen Erst- und Folgeschüssen zu beobachten sind, kommt schnell die Frage auf, warum Modelle wie ERA SOB 3D, Roedale Precision Hunter 55+, die SIW "Ultra" und Hausken "XTRM"-Varianten eigentlich keinen Erstschusseffekt aufweisen? Was unterscheidet insbesondere die beiden letztgenannten Modelle in der Konstruktion vom jeweiligen Standardtyp? Sie sehen exakt gleich aus und wiegen nur unwesentlich mehr.

Und doch sind sie leiser, insbesondere beim ersten Schuss. Was ist anders bei diesen Schalldämpfern? Die kurze Antwort ist tatsächlich das Quäntchen mehr an Coolness – man erkennt es aber erst, wenn man den Mantel abschraubt. Zum Vorschein kommt eine Wicklung aus Metallgewebe. Vor einigen Jahren entdeckte nämlich Hausken, dass die Konstruktion noch Raum für eine gewaltige Verbesserung hat: Den Einsatz von Metallgewebe. Dieses wirkt als Wärmetauscher und entzieht den heißen Gasen so Energie. Die Gewebepackungen stellen auch einen erheblichen physikalischen Widerstand dar, der den Gasfluss bremst – ein vergleichbarer Effekt wie beim Husten in Stoff. Die so verlangsamten und kühleren Gase reagieren nun auch weniger mit der noch im Dämpfer befindlichen atmosphärischen Luft, sodass das beim Erstschuss sonst häufig vorkommende "Nachverbrennen" der noch nicht umgesetzten Gase schwächer ausfällt.

Metallgewebe in Schalldämpfern – mehr ist nicht immer besser

Ab dem zweiten oder gar dritten Schuss einer Serie gibt es letztgenannten Vorteil gegenüber dem Standarddämpfer nicht mehr. Im Inneren befindet sich kein Sauerstoff mehr, der reagieren könnte, nur noch die bereits gesättigten Gase vom Schuss davor. Das Metallgewebe ist bereits erwärmt, kann also nicht mehr so viel Energie aufnehmen wie noch beim Schuss zuvor. So kommt es, dass bei solchen Dämpfern sogar ein "umgekehrter Erstschusseffekt" vorkommt, also dass der erste Schuss tatsächlich etwas leiser ist als der zweite oder dritte. Der Hersteller muss übrigens an dieser Stelle in der Entwicklungsphase sorgfältig abstimmen und testen, denn ein Zuviel an Metallgewebe wird irgendwann zum Nachteil. Füllt er den Dämpfer zum Beispiel bis zum Anschlag, bremst das zwar immer noch den Gasfluss, da das Netz durchströmt werden muss, aber die Wicklung nimmt auch wertvollen Platz weg! Das kostet dann Leistung, denn analog zum alten Spruch in der Welt der Motoren gilt auch bei Schalldämpfern grundsätzlich: "Expansionsraum ist durch nichts zu ersetzen!" Die Schalldämpfer in unserem Test hatten dieses Problem natürlich nicht mehr und lieferten zumindest über die kurzen Serien sehr konstante Ergebnisse.

Drei Schalldämpfer unterschiedlicher Generationen.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die Verwendung von Metallgewebe keine sehr junge Erfindung ist (von oben): Der aktuelle Roedale Hunter 55K+, daneben ein
Sionics Display Modell für eine MAC-10. Das eingelegte Metallgewebe ist historisch nicht korrekt, eigentlich sollte eine Schüttung aus Aluminium-Kugeln hinein. Die Pistole im Kaliber .22 l.r. ist eine Hi-Standard aus dem Zweiten Weltkrieg. Bei ihr ist der Wirkungsgrad der Dämpfung bemerkenswert. Das Schießen ähnelt tatsächlich dem, was ihr mancher Toningenieur im Film andichten würde.

Wichtiger Praxis-Tipp: Pflege von Schalldämpfern für Jagdwaffen

Schalldämpfer in Fluna SDR-Reinigungslösung
Beim Reiniger Fluna SDR kann der Anwender das Schalldämpfer-Innere einfach in die Reinigungsflüssigkeit stellen (hier: 500 Milliliter)

Wenn Metallgewebe bei guter Abstimmung nur Vorteile bringt, warum ist es dann nicht bei allen Herstellern im Einsatz? Ganz einfach: Weil der Schalldämpfer dann zukünftig gewartet werden muss! Schalldämpfer sind Verbrauchsmaterial, der Tausch ist in anderen Ländern etwa so üblich wie der Wechsel der Bremsscheiben beim Auto. In Deutschland mag man heute noch daran glauben, dass Dämpfer über ein Jägerleben hinaus halten müssen, aber diese Annahme ist unrealistisch. Es wird sicher Ausnahmen geben bei Modellen, die für behördliche Nutzung konzipiert sind und bei normaler ziviler Nutzung eine höhere Lebensdauer als die Waffe haben. Hierzu ein Auszug aus dem B&T Rotex-Produktblatt: "Dauerfeuertauglichkeit bis rotglühend". Aber diese Schalldämpfer finden in der jagdlichen Praxis kaum Verbreitung. 

Stattdessen sind die meisten "Zivilisten" aus Gewichtsgründen zu großen Teilen aus Aluminium gefertigt. Die Materialstärken sind, ebenfalls für die Gewichtsersparnis, möglichst gering gehalten. Das ist völlig ausreichend, ein solcher Dämpfer erträgt Schussbelastungen von mehreren tausend Schuss. Er tut das jedenfalls, solange er keiner zu großen Druck- und Hitzebelastung ausgesetzt ist, also Kalibervorgaben und Kühlphasen berücksichtigt werden. Während das von den meisten Besitzern sehr akribisch beachtet wird, wird eine andere Disziplin weitgehend vernachlässigt: Die Reinigung, Pflege und Trocknung!

Für die richtige Reinigung und Pflege bietet der Markt mittlerweile auch eine Vielzahl an Produkten - denn jeder Schalldämpfer braucht sowohl Reinigung als auch Pflege. Unser Tipp: Der Schalldämpfer-Reiniger vom österreichischen Hersteller Fluna Tec. Den haben wir bei all4shooters.com schon ausführlich dem Praxistest unterzogen. Denken Sie bitte immer daran: Reinigen UND Trockenen - das sind die beiden wichtigsten Aspekte, die zusammengehören, um Schäden bei falscher Reinigung und Pflege von Schalldämpfern durch Korrosion zu vermeiden. Achten Sie daher bitte sowohl auf die Angaben des Herstellers Ihres Schalldämpfers und natürlich auch auf die Anwendungshinweise des verwendeten Reinigungsmittels und dessen Entsorgung Dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen.


Unsere Tester: Andreas Burth / Dr. Christian Neitzel; Redaktion: Dario Nothnick; Bilder: siehe Credits

ACHTUNG: Im ersten Teil des großen Schalldämpfer-Schwerpunkts finden Sie die Top 3 Schalldämpfer für die meisten aller jagdlichen Anwendungen.

Dieser Ausblick ist Teil eines umfangreichen Schalldämpfertests aus caliber 4/2021. In dem Heft finden Sie nicht nur mehr Informationen, etwa zu Schalldämpfern an Halbautomaten, sondern auch den kompletten Überblick zu allen Testdaten in einer Tabelle. Die enthält nicht nur die  Messergebnisse zu Erst- und Folgeschüssen, sondern auch die wichtigsten, technischen Daten. Das Heft können Sie in der Print- ebenso wie in der Digitalversion im VS Medien-Onlineshop kaufen.

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