Neues Landesjagdgesetz ein Desaster für Jäger?

Das Wild wird in sogenannte „Managementklassen“ eingeteilt
Das bedeutet, dass es eine Liste aller wildlebenden Tierarten geben wird, die dem Schutz des Gesetzes unterstellt sind. Neu ist, dass das Wild dabei in drei Managementklassen eingeteilt wird. Die Zuordnung zu den Managementklassen soll nach gesetzlich festgelegten Kriterien auf der Basis der aktuellen Wildforschung erfolgen.

Nicht mehr dem Gesetz unterliegen Mauswiesel, Möwen, übrige Greifvögel und Falken, Graureiher, Kolkraben, Säger und Meeresenten. Biber und Wolf werden nicht unter den Schutz des Jagdrechts gestellt. Es handelt sich um drei Managementklassen: 

Rotwild
Das Rotwild gehört im neuen Gesetz-entwurf in die Klasse "Nutzungsmanage-ment" und darf nach dem Gesetz weiterhin bejagt werden.

Nutzungsmanagement - Jagd erlaubt
In diese Klasse gehören Rotwild, Damwild, Sikawild, Gamswild, Muffelwild, Schwarzwild, Rehwild, Wild­kaninchen, Fuchs, Dachs, Steinmarder, Hermelin, Waschbär, Marderhund, Mink, Nutria sowie Höckerschwan, Kanadagans, Nilgans, Stockente, Tafelente, Reiherente, Blässhuhn, Ringeltaube, Rabenkrähe und Elster. 

Entwicklungsmanagement - eingeschränkte Jagd nur mit Genehmigung erlaubt
In diese Klasse gehören Feldhase, Baummarder, Iltis, Fasan, Graugans, Krickente, Pfeifente sowie Schnatterente. 

Schutzmanagement - Jagd nicht erlaubt
In diese Klasse gehören Luchs, Wildkatze, Auerwild, Haselwild, Rebhuhn, Hohltaube, übrige Gänse, übrige Enten (ohne Säger), Wanderfalke, Habicht und der Kormoran.


Das eigentliche Problem: Damit wird die Jagd unter das Diktat des Naturschutzes gestellt.

Die Jagd wird ein Teil des so genannten Wildtier-Managements. Daneben stehen Hege, Forschung, Monitoring, Fachkonzeptionen und Beratung. Durch Einführung des sogenannten Schalenmodells erhält der Naturschutz sehr weitgehende Mitspracherechte. Die Arten der sogenannten Schutzschale unterstehen vollständig den Naturschutzbehörden. So wird aus Jagdrecht Naturschutzrecht. Bei den Arten, die dem "Entwicklungsmanagement"  unterliegen, z.B. Hase und Fasan, erhält der Naturschutz weitgehende Mitbestimmungs- und Vetorechte. Es ist aktuell völlig unklar, ob und wie diese Arten nach dem vorliegenden Gesetzentwurf überhaupt weiter bejagt werden dürfen. 

Die Gegenargumente des Landesjagdverbandes:

  • Jagdrecht und Naturschutzrecht müssen selbstständige Rechtskreise bleiben.
  • Das Jagdrecht darf keinesfalls dem Naturschutzrecht unterstellt werden.
  • Im Schutzmanagement werden den Jägern die Rechte des Jagdrechts genommen, die Verpflichtungen aber komplett aufgebürdet.
  • Eine Regulierung des Kormorans soll beispielsweise nach Naturschutzrecht erfolgen, obwohl der Kormoran dem Jagdrecht unterstellt wird.
  • Jagd auf Hase und Fasan wäre nur noch nach Genehmigung des Naturschutzes möglich, obwohl Jäger die regionale Verantwortung bei der Bejagung haben.
  • Jäger sind ausgebildete Natur- und Tierschützer und sollten mit diesem Gesetzentwurf nicht ihrer verantwortingsvollen Rolle beraubt werden.

Das geplante neue Gesetz stellt auch einen Eingriff in das Eigentumsrecht dar.
Viele Regelungen im aktuell vorliegenden Gesetzentwurf sind Eingriffe in das Eigentumsrecht der Grundeigentümer. Das Jagdrecht und das Jagdausübungsrecht werden als Eigentumsrecht vom Grundgesetz geschützt und haben damit Verfassungsrang. Eine Einschränkung des Eigentumsrechts muss gerechtfertigt sein. Die Rechtfertigung fehlt bei vielen der vorgesehenen Maßnahmen.

Die Gegenargumente des Landesjagdverbandes:

  • Reduzierung des bisher dem Jagdrecht unterliegenden Tierartenkatalogs
  • Beschränkung der Bejagungszeiten und der Jagdmethoden ohne sachliche Gründe
  • Übertragung von Kompetenzen innerhalb des Jagdrechts auf die Naturschutzbehörden
Wildschwein
Das Wildschwein ist als Schwarzwild von der Jagdruhezeit betroffen.

Praxistauglichkeit der angestrebten Gesetzgebung?
Der Anspruch der Landesregierung, praxistaugliche Regelungen zu treffen, ist mit dem Gesetzesentwurf definitiv nicht erfüllt. Durch Einführung einer Jagdruhezeit von Februar bis April, ausgenommen Schwarzwild im Feld, wird den Jägern ein wesentliches Instrument zur Bestandsregulierung und zur Verringerung von Wildschäden aus der Hand genommen. Die Fütterung wird flächendeckend verboten und nur noch in durch die oberste Jagdbehörde unter sehr strengen Voraussetzungen genehmigten Ausnahmen erlaubt. 

Die Gegenargumente des Landesjagdverbandes:

  • Februar bis April machen bis zu 20 % der Schwarzwildstrecke des Jahres aus
  • Zwei Monate Jagdverbot trotz Nutzung des Waldes durch Spaziergänger, Mountainbiker und Waldarbeiter. Nicht einmal Betretungsverbote in der Nachtzeit oder Leinenzwang für Hunde sind vorgesehen.
  • Fütterung ist als Instrument zur Erhaltung und Lenkung des Wildes und zur Verhinderung von Wildschäden zu sehen.
  • Totfangfallen ermöglichen selektiven Fang ohne Gefährdung von Menschen und Haustieren.
  • Baujagd ist effektiv und wird heute tierschutzgerecht betrieben.

Gefährdung der flächendeckenden Bejagung
Der Entwurf des neuen Jagdgesetzes ermöglicht  auch juristischen Personen, ihre Grundflächen aus Gewissensgründen jeweils zum Jahresende befrieden zu lassen. Das ist eine Ausweitung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und in Deutschland bisher nirgendwo Rechtslage. Wird das Reviersystem mit jagdfreien Zonen durchbrochen, ist ein umfassendes Wildmanagement definitiv nicht mehr durchführbar.

Die Gegenargumente des Landesjagdverbandes

  • Durch rund 30 Ermächtigungen im Gesetz kann in Zukunft Jagdpolitik am Parlament vorbei gemacht werden.
  • Umständliche und kostenträchtige Vorbehalte gegen die Jagd und aufwändige Genehmigungsverfahren erschweren und verteuern die Ausübung der Jagd
  • Beispiele: Jährliche Berichte der Jäger und der beauftragten Wildtiermanager. Konzeptionsprüfungen zur Bejagung von dem Entwicklungsmanagment unterliegenden Wildarten wie Hase und Fasan.

Tierschutz ist unteilbar
Der Wildschutz wird erschwert, weil der Abschuss von wildernden Hunden nur noch nach in der Praxis nie erfolgender Genehmigung des Bürgermeisters und von verwilderten Katzen nur noch nach Genehmigung der Naturschutzbehörde in Schutzgebieten zulässig sein soll.

Die Gegenargumente des Landesjagdverbandes

  • Bürokratische Hürden beim Schutz vor wildernden Hunden und streunenden Katzen werden aufgebaut – völlig ohne Grund
  • Vögel dürfen gefüttert werden, Rehe müssen verhungern. Wo bleibt da der Tierschutz?
  • Ausnahmen sollen möglich sein, sie werden aber wohl in der Praxis nicht funktionieren (Fütterung, Totfangfallen, Wildschutz), weil das gesamte Regelwerk viel zu kompliziert geraten ist.

Politik gegen Jäger und Grundeigentümer?
Nach Abschluss des umfangreichen Beteiligungsverfahrens,  an dem neben den hauptbetroffenen Jägern, Eigentümern, und Landnutzern auch zahlreiche andere Verbände von Natur-und Tierschutz vertreten waren, wird der Gesetzentwurf nun wohl bewusst an den betroffenen Jägern und Grundbesitzern vorbei entschieden. Eine Politik der aktiven Mitbestimmung sieht anders aus, so der Landesjagdverband.

Die bewusste Politik gegen Jäger und Grundbesitzer ist offensichtlich, denn:

  • Die Übertragung von Rechten auf den Naturschutz, zu Lasten der betroffenen Jäger und Landnutzer ist nicht akzeptabel.
  • Die Reduzierung der Mitwirkungsmöglichkeiten der betroffenen Jägerschaft ist nicht hinnehmbar und trägt undemokratische Grundzüge.
  • Der LJV vertritt 80% der Jägerinnen und Jäger im Land Baden-Württemberg und wird einfach „ausgeschaltet“.
  • Der LJV wurde in wesentlichen Punkten, wie z.B. der Aufgabenübertragung an die Naturschutzbehörden, überhaupt nicht gehört.

Fazit des LJV Baden-Württemberg zum geplanten neuen Landesjagdgesetz:
Die Hauptkritikpunkte zeigen, dass viele der vorgesehenen Regelungen weder praxisgerecht noch zukunftsorientiert sind. Ein modernes Jagdrecht muss die Eigenverantwortung der Grundeigentümer und der Jäger stärken. Stattdessen gibt es eine lange Liste von Verboten, Genehmigungsvorbehalten und Einschränkungen sowie neue und unnötige Bürokratie. Auf die Inhaber des Jagdrechts und die Jagdausübungsberechtigten kommen neue Verpflichtungen zu, die in das Jagdrecht in unzulässiger Weise sehr stark eingreifen und erhebliche finanzielle Risiken nach sich ziehen. 

Hier die Gegenposition des Nabu:
Naturschützer betrachten das geplante baden-württembergische Landesjagdgesetz als Vorbild für Gesetzesänderungen in anderen Bundesländern. Wie die Stuttgarter Zeitung berichtet, sagte Stefan Adler, Waldreferent beim Nabu in Berlin: „Es ist ein guter erster Schritt.“

Die Jäger wehren sich:

Die Jägerschaft allerdings wendet sich seit Langem intensiv gegen die Gesetzesnovelle der Rot-Grünen Landesregierung in Stuttgart. Laut dem Zeitungsbericht gilt es aus Sicht von Stefan Adler vom Nabu, den „Reformstau bei den Jagdgesetzen in Deutschland endlich aufzulösen“. Selbst die heftig umstrittenen Rot-Grünen Gesetzespläne gehen den Naturschützern dabei aber noch nicht weit genug.  Dr. Erhard Jauch, Hauptgeschäftsführer des Landesjagdverbands Baden-Württemberg, betonte dem Bericht zufolge, größter Kritikpunkt der Jäger am geplanten neuen Gesetz sei, dass der Naturschutz Zugriff auf das Jagdrecht bekommen solle.


Kommentar:
all4shooters.com / all4hunters.com schließen sich der Sichtweise des LJV Baden-Württemberg an. Wir fordern alle Jäger und Grundbesitzer dazu auf, sich selbst eine Meinung zu bilden und diese aktiv zu vertreten, bevor es zu spät ist. Denn der Gesetzesentwurf im „Ländle“ ist „auf dem Weg“ und darf im Sinne einer weiterhin verantwortlichen Rolle des Jägers nicht zum Masterplan für die Gesetzgebung in anderen Bundesländern werden.


Weitere Informationen:

Neues Landesjagdgesetz ein Desaster für Jäger?