Beliebter Jagdhund: Deutsch-Drahthaar

Der Versuch, über die Geschichte und die Herkunft einer Hunderasse zu schreiben, ist sehr knifflig und gestaltet sich manchmal auch als schwierig, da man oft Gefahr läuft, über Legenden oder unzuverlässige Quellen zu stolpern. Die Informationen, die über eine Rasse zur Verfügung stehen, sind nicht immer zuverlässig, sofern für Letztere nicht jahrhundertelang Aufzeichnungen geführt worden sind, welche die wahre Herkunft der Rasse bescheinigen.

Beim Drahthaar können wir uns glücklich schätzen, da die Quellen zuverlässig sind und es nicht an Informationen über seine Herkunft mangelt.

Die Entstehung dieser Rasse, die dank ihrer Jagdfertigkeiten in der ganzen Welt verbreitet ist, liegt ungefähr hundert Jahre zurück, sodass man sagen kann, dass es sie erst seit relativ kurzer Zeit gibt.

Deutsch-Drahthaar
Deutsch-Drahthaar-Welpen: Schon in den ersten Monaten zeigt sich ihre ganze Lebhaftigkeit

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts neigten Hundeliebhaber in Europa dazu, vielseitige und leistungsfähige Jagdhunde mit harter Behaarung zu züchten und wählten zunächst Hunde des Griffon-Typs, der in Kontinentaleuropa verbreitet war.

Zwischen 1877 und 1896 züchtet der Niederländer Korthals die Rasse, die noch bis heute nach ihm benannt ist; im selben Zeitraum (1865) entwickelt Bontant in Deutschland den Stichelhaar und Oberländer und Hegewald arbeiten am Pudelpointer, einer Kreuzung zwischen Pudel und Pointer.

Das Zuchtprojekt um den Pudelpointer hatte das Ziel, einen charakterlich gefügigen Hund zu züchten, der für das deutsche morastige Gelände geeignet und leicht zu dressieren war.

 

Oberländers und Hegewalds Pudelpointer stellte jedoch nicht ganz die Art von Jagdhund dar, den sich die deutschen Hundeliebhaber wünschten.

Der in den Augen der deutschen Züchter „ideale” Hund musste eine raue Behaarung aufweisen (daher der Name Drahthaar) und ein ländlicher, vielseitiger Hund mit einem hohen Maß an Führigkeit sein. Die deutschen Jäger, die sich der Jagdhunde bedienten, waren schon damals sehr pragmatische Menschen, denen es auf das Endergebnis ankam, weswegen sie sich einen ausgeglichenen Helfer wünschten, der sowohl in der Lage war, lebende Beute in korrekter Weise zu suchen und aufzuspüren, als auch nach dem Erlegen zu finden (markieren) und zu apportieren, nötigenfalls auch aus dem Wasser.

           Deutsch-Drahthaar
Ein Deutsch-Drahthaar-Exemplar beim Einholen von erlegtem Wild im Wasser

Die deutschen Jäger wollten jedoch nicht nur einen Jagdhund im engeren Sinne, sondern suchten eine Rasse, die in der Lage war, sogenannten „Schädlingen“ (Füchse, Mäuse, Steinmarder) entgegenzuwirken und ohne zu zögern zu töten.

An dieser Aufzählung merkt man sofort, dass die Absichten, die bei den deutschen Hundezüchtern hinter der Entwicklung des Drahthaars steckten, rein praktischer Natur waren. Schon allein die Wahl des harten Haars weist darauf hin: Hier ging es nicht um ästhetische Fragen, sondern um klimatisch bedingte Umstände und die möglichen Einsatzgebiete des Drahthaars.

Von diesen Bedürfnissen ausgehend und nach Wahl der charakterlich und jagdtechnisch am besten veranlagten Rassen kam man vom Pudelpointer zum Drahthaar. Schauen wir uns einmal detailliert das Zuchtverfahren an, das die Züchter zu dieser wahrhaft außergewöhnlichen Rasse geführt hat.

Der Pudelpointer war nicht die einzige zur Züchtung des Drahthaars verwendete Rasse. Zum Endergebnis trugen auch der Stichelhaar (ein deutscher Jagdhund mit hartem Haar), der Pointer, der Kurzhaar und der Griffon Korthals bei.

Einige Quellen führen eine noch längere Liste an, auf der unter anderem der Airedale Terrier steht, da man behauptet, dass das Geschick des Drahthaars in der Jagd von Schädlingen und Wildschweinen und bei der Wache auf die Kreuzung mit dem Airedale zurückzuführen sei.

           Deutsch-Drahthaar
Der Deutsch-Drahthaar mit der nach der Erlegung eingeholten Beute

Die gesammelten Informationen führen jedoch zwangsläufig dazu, über die Rassen zu sprechen, deren Einfluss feststeht: Vom Pudelpointer hat der Drahthaar die Veranlagung zum Arbeiten im Wasser, die Folgsamkeit, die Intelligenz und einige morphologische Eigenschaften geerbt; der Stichelhaar hat dem Drahthaar dazu verholfen, das erlegte Wild aufzuspüren und zu töten; vom Kurzhaar hat er den Galopp, den Spürsinn und morphologische Eigenschaften (kleinere und kompaktere Körpergröße, die Farbe); vom Pointer hat er dagegen den Spürsinn, die Schnelligkeit und ein paar morphologische Details und vom Korthals zuletzt das Fell, die Farbe und das Jagdverhalten geerbt.

Selbstverständlich machten sich zu Beginn der Zuchtarbeit Unterschiede zwischen den verschiedenen  Aufzuchten des Drahthaars bemerkbar, doch schrittweise kam es zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einer gewissen Einheitlichkeit unter den Exemplaren, die in Deutschland entstanden.

Das Interesse für die Rasse nahm stark zu, sodass im Jahre 1902 der erste Drahthaarverein, der „Verein Deutsch Drahthaar“, gegründet wurde.

1906 wurde der erste Standard ausgearbeitet und 1912 zählte der Verein bereits rund 700 Mitglieder; 1920 fand die erste Hegewald statt und 1923 erkannte die FCI den Drahthaar als Hunderasse an.

Deutsch-Drahthaar
Ein Deutsch-Drahthaar beim Vorstehen: besonders ausgeprägt ist die Symmetrie der eingenommenen Haltung

Derzeit steht der Drahthaar in Deutschland, seinem Mutterland, als dritthäufigste Rasse im Zuchtbuch.

In Italien zählte das Loi/Lir im Jahr 2000 1.843 und im Jahr 2001 1.749 Eintragungen, sodass sich der Drahthaar als fünfhäufigste Rasse unter den Rassen der Gruppe 7 (Vorstehhunde) platzierte. Die Begabungen des Deutsch-Drahthaars haben ihm aufgrund seiner erwiesenen Zuverlässigkeit in wenigen Jahrzehnten sowohl in Deutschland als auch in der ganzen Welt zu viel Bewunderung und Wertschätzung verholfen. Kennzeichnend sind sein edles Erscheinungsbild, das durch eine borstige und harte Jacke charakterisiert ist, die ihm tadellosen Schutz bietet, sowie sein wachsamer und energischer Ausdruck, der auch durch seine kraftvollen, ausgedehnten, lockeren und harmonischen Bewegungen zur Geltung kommt. Das Wesen des Deutsch-Drahthaars lässt sich als fest, beherrscht, ausgeglichen und nicht wildscheu beschreiben, ohne jedoch eine übermäßige Angriffslust an den Tag zu legen.

Deutsch-Drahthaar
Deutsch-Drahthaar neben einem erlegten Reh

Das Fell ist mit Sicherheit sein auffälligstes Merkmal, sowohl was das Erscheinungsbild als auch die „Funktion” angeht, da das Deckhaar hart wie Metalldrähte und sehr dicht ist und eng am Körper anliegt. Die Länge beträgt zwischen zwei und vier Zentimeter, während die Unterwolle dicht und wasserabweisend ist. Dank der Härte und Dichte seines Deckhaars ist das Fell des Deutsch-Drahthaars praktisch witterungsbeständig und vor allen Dingen bietet es einen guten Schutz gegen Verletzungen. Die Gliedmaßen, die Brust und der Bauch sind auf diese Weise gut geschützt, damit der Hund gefahrlos seiner Arbeit nachgehen kann.

Seine gut definierten Augenbrauen und der dichte Bart verleihen dem Drahthaar einen stets ernsthaften und wachsamen Ausdruck, was im Jagdbereich sehr beliebte Eigenschaften sind, da dort gute Reflexe und Intelligenz gefragt sind.

Die Widerristhöhe beträgt bei den Rüden zwischen 61 cm und 68 cm, bei den Hündinnen zwischen 57 cm und 64 cm.

Deutsch-Drahthaar
Ein Deutsch-Drahthaar-Exemplar am Ende des Jagdtages neben einem erlegten Reh
Deutsch-Drahthaar
Deutsch-Drahthaar beim Vorstehen: Der angehobene Vorderlauf zeigt, dass der Hund die Witterung des Wildes erfasst hat

Das Gangwerk des Drahthaars ist ein kraftvoller, jedoch nicht ungestümer Galopp. Die Hinterläufe schieben energisch, jedoch in einer harmonischen Weise, nach vorne. Die vorderen, leicht hochgewachsenen Gliedmaßen streben nicht übermäßig nach vorne. Dies alles führt zu einem ruhigen und durchgängigen Sprung mit normal erhobenem Kopf, jedoch ohne Übertreibungen, bei waagerechtem oder fast waagerechtem Fang.

Unter widrigen oder schwierigen Wetterbedingungen richtet sich der Kopf nach dem Rücken oder knapp darunter aus, während die Rute vor allem auf Höhe der Wirbelsäule oder leicht darunter gehalten wird.

Schauen wir uns seine Geschicke hat, zum Beispiel die Suche. Diese lässt sich beim Drahthaar als sorgfältig und analytisch beschreiben und sie passt sich in natürlicher Weise den unvorhergesehenen Veränderungen des Geländes, des Wildes bis hin zu den Wetterbedingungen an. Auf offenem Feld erscheint sie durchdacht und regelmäßig, mit mittelmäßig umherschweifenden Bewegungen, die unter Umständen auch in geringfügiger Weise ausschweifend ausfallen können. Auf bedeckten oder unwegsamen Flächen wird die Suche mit viel Anpassungsfähigkeit, Mut und Initiative durchgeführt. Dies sind keine Umstände, die den Drahthaar entmutigen; vielmehr stellt er kurzphasige Bodenprüfungen an, um besondere Probleme der Fährte und damit Wildsuche zu lösen. Die von diesem Hund entwickelte Suche ist stets von seiner Vielfältigkeit und der angeborenen Anpassungsfähigkeit an umwelt- und wildbedingte Veränderungen gekennzeichnet.

Die Suche

Deutsch-Drahthaar
Deutsch-Drahthaar und eine erlegte Ente: Das zugeschneite Gelände stellt für diese Rasse kein Hindernis dar

Wenn er während der Suche fälschlicherweise das Gefühl hat, das sich Wild in der Nähe befindet, verlangsamt er seine Bewegungen, kommt somit auch in einen Trott und findet die Geruchsquelle wieder, während er kurze Stillstandphasen einlegt. In dieser Phase erstarrt der Drahthaar in einer aufrechten Haltung, sein Kopf angehoben und mobil, jedoch kann sich dies auch leicht in den Gliedmaßen äußern, der Kopf nach vorne gerichtet und bereit, die Suche ohne übertriebene Zuckungen wiederaufzunehmen, falls sich sein Eindruck als falsch erweisen sollte.

Wenn er dagegen auch nur eine subtile Witterung von Wild erfasst, steht er nach der Verlangsamung seiner Bewegungen vor, steht gerade auf seinen Läufen, manchmal hält er dabei einen Lauf in die Höhe, bei erhobenem Kopf und waagerechtem oder fast waagerechtem Fang, die Rute auf Höhe der Wirbelsäule oder leicht darunter, nur selten darüber. Manchmal folgt auf einen kurzzeitigen nachdenklichen Stillstand das Vorstehen.

Wenn er sich über die Anwesenheit von Wild in kurzer Entfernung sicher ist, steht er ziemlich schnell, jedoch nicht ruckartig vor: Das Vorstehen kann man auch an den gebeugten Gliedmaßen erkennen, der Hals nach vorne gerichtet und waagerechter oder leicht darunter liegender Fang.

Wenn er sich zuletzt in unmittelbarer Nähe des Wildtieres befindet, steht er ruckartig vor und dreht den Kopf schlagartig in Richtung der Geruchsquelle um. Vor allem in derartigen Situationen stellt der Drahthaar seine gesamte Jagdkompetenz und -sicherheit unter Beweis.

Nachziehen

Entschlossen, sehr wachsam und vorsichtig sind die richtigen Worte, um diese Kompetenz zu beschreiben. Das Nachziehen findet in aufrechter Haltung statt, jedoch kann es bei wenig Vegetation und sensiblem Wild auch in leicht in Richtung Gliedmaße gebeugter Haltung erfolgen. Die Rute vollzieht nur selten schnelle querlaufende Bewegungen.

Einholen und Apportieren

Deutsch-Drahthaar
Der Deutsch-Drahthaar ist eine sehr vielseitige Rasse: auch in schwierigem und schneebedecktem Gelände erledigt er seine Aufgaben in vorbildlicher Weise

Auch unter den widrigsten Bedingungen stellt der Drahthaar seine natürliche Leidenschaft für das Einholen und Apportieren unter Beweis. Der Drahthaar ist sowohl für das Einholen als auch den Apport eine in hervorragender Weise geeignete Rasse. Da der Drahthaar zudem eine extrem vielseitige Rasse ist, handelt es sich hier um einen der Jagdhunde, die aufgrund ihrer Charaktereigenschaften durchaus auch für andere Einsatzgebiete zu gebrauchen sind: Er eignet sich als Wachhund und könnte rein theoretisch auch im Personenschutz eingesetzt werden.

Während der Dressur zeigt sich der Drahthaar sehr aufmerksam in Bezug auf die von Menschen erteilten Kommandos.

Dank ihrer außergewöhnlichen Belastbarkeit und Leibeskraft, Ausdauer und dem hervorragenden Geruchssinn, der sich zur Auffindung von vermissten Personen eignet, werden einige Drahthaar-Exemplare derzeit auch im Katastrophenschutz eingesetzt. Prüfungen im Bereich Nutzen, Gehorsam und Agility sind ebenfalls nicht auszuschließen.

Der Drahthaar ist ein talentierter Schwimmer und schwimmt ohne zu zögern gegen den Strom und in eiskaltem Wasser, auch wenn derzeit nicht bekannt ist, dass Exemplare für Rettungsmaßnahmen auf See eingesetzt werden: Wir schließen nicht aus, dass diese Eigenschaft der Rasse in Zukunft zu dieser Art von Einsatz verhelfen könnte. 

Dank seiner angeborenen und anerkannten Fähigkeiten im Bereich der Suche und des Apports und seiner außergewöhnlichen Vielseitigkeit in den unterschiedlichsten Jagdsituationen gilt der Deutsch-Drahthaar als ein hervorragender Jagdhelfer. Diese Rasse fährt weltweit immer mehr Erfolge ein und macht seinen Jagdgeschicken alle Ehre!

Das Team von all4hunters.com dankt Herrn Claudio Cerruti für das von ihm bereitgestellte Bildmaterial.