Die Idee des gradlinigen Verschlussweges ist nicht neu. Vor rund 130 Jahren etablierte Ferdinand Ritter von Mannlicher mit dem von ihm erfundenen militärischen Modell 1895 solch eine Konstruktion. Jagdlich sind Gradzugrepetierer seit rund 30 Jahren beliebt und finden sich mittlerweile im Portfolio fast aller Waffenhersteller. Die traditionsreiche italienische Waffenschmiede Beretta fertigt mit dem Modell BRX1 seit einigen Jahren einen solchen Mehrlader. Nachdem all4hunters.com vor einiger Zeit bereits das Grundmodell und andere Varianten vorgestellt hat, stellte das Unternehmen Manfred Alberts als Beretta-Importeur nun ein Exemplar der neuen Version Ranch in .308 Winchester für einen Praxistest bereit.
Beretta BRX1 Ranch: Der bewährte Aufbau im Alu-Chassis
Mittelpunkt der BRX1-Baureihe und damit auch der Variante Ranch ist ein Aluminium-Chassis, das alle Komponenten der Waffe aufnimmt. Der Verschlusskörper wird im Chassis durch Nuten geführt. Er verriegelt über einen Drehkopf mit acht Riegelnasen, bekannt aus Berettas Sturmgewehren der Baureihe ARX. (Wer eine Magnum-Variante der BRX1 näher betrachtet, wird am Verschlusskopf eine Doppelreihe und damit 16 Riegelnocken vorfinden.) Wegen des modularen Verschlussaufbaus lässt sich beim Kaliberumstieg der Kopf leicht auswechseln. Ein Merkmal der BRX1 liegt darin, sie binnen Sekunden für Linkshänder umbauen zu können. Dazu muss man nur den Kammerstängel umstecken sowie den Verschlusskopf drehen, damit der Hülsenauswurf auch nach links erfolgt. Freilich fällt die Passung des Kammerstängels recht großzügig aus, auch wenn das so entstandene Spiel die Funktion nicht beeinträchtigt. Bleibt noch die auf den Kammerstängel geschraubte Griffkugel zu erwähnen: Auch sie lässt sich bei Bedarf austauschen. Hinten und oben am Verschlussgehäuse findet sich in Form eines kleinen Höckers die typische, als Spannschieber ausgelegte Drei-Stellungs-Sicherung der BRX-Baureihe. Sie lässt sich per Daumen und über eine gefederte Klinke in die jeweilige Stellung bringen.
Die drei Sicherungsstellungen der BRX1:
- Unten: gesichert, entspannt und Verschluss gegen Bewegung gesperrt
- Mitte: gesichert, entspannt, Verschluss entsperrt
- Oben: schussbereit

Die Abzugsgruppe lässt sich bei entferntem Verschluss und Magazin leicht aus dem Chassis herausnehmen. Dann kann der Benutzer das Abzugsgewicht in drei Stufen von 950 bis 1500 Gramm verstellen. In der Testwaffe werkelt ein recht trockener, aber mit minimalem Vor- und Kriechweg versehener Direktabzug. Dessen Vorteile beschränken sich nicht nur auf das einstellbare Abzugsgewicht, sondern erstrecken sich auch darauf, dass sich die recht filigrane Abzugsmechanik dank des simplen Ausbaus einfach reinigen oder warten lässt. Vorn im Chassis findet sich die Laufauflage mit eingesetztem Rückstoßstollen; den mit aufgeschraubter Picatinny- Schiene bestückten, frei schwingenden Lauf selbst halten zwei durch den Schaft zugängliche Innensechskantschrauben. Der Laufwechsel ist einfach: Verschluss öffnen, Schrauben mittels des mitgelieferten Schlüssels lösen, Lauf abnehmen. Verwendet man dabei Wechselrohre mit eigener Optik, erübrigt sich dank der fest mit dem Lauf verschraubten Picatinny-Schiene ein erneutes Einschießen. Die BRX1 Ranch gibt es in den Lauflängen 41 und 46 cm, jeweils mit einem Drall von 1:10" und versehen mit einem durch eine Rändelmutter geschützten 5/8-24-Mündungsgewinde (die kurze Lauflänge gibt's über Manfred Alberts aber nur auf Vorbestellung). Die Kontur des Laufes läuft vom verstärkten Patronenlagerbereich auf einen Durchmesser von 19 mm leicht konisch zu. Beretta verwendet kaltgehämmerte Läufe, der Blick mit dem Endoskop ins Innere zeigte eine spiegelblanke Oberfläche ohne Bearbeitungsspuren. Eine offene Visierung hat die Ranch- Version nicht, es finden sich auch keine Gewindebohrungen zum Anschrauben von Visierteilen. Alle Aluminium- und Stahlteile sind matt schwarz eloxiert beziehungsweise brüniert.

Die Munitionsversorgung findet via Zehn-Schuss-Einsteckmagazin statt, dessen Arretierung im Schacht erfolgt durch beidseitige Klinken. Entnehmen lässt es sich nur bei gleichzeitigem Druck auf die beidseitigen Tasten, ein Verlieren im Jagdbetrieb ist so fast auszuschließen. Das Polymer-Magazin ist im oberen, im Schacht steckenden Bereich in leuchtendem Orange gehalten – sollte der Behälter einmal zu Boden fallen, ist er auch bei schlechtem Licht und im Laub gut zu finden. Vorder- und Hinterschaft sind ebenfalls mit dem Aluminium-Chassis verschraubt, ebenso der Pistolengriff. Die Schaftteile bestehen aus Kunststoff, sind innen hohl und dank entsprechender Verstärkungen verwindungssteif. Das gilt auch für den Vorderschaft, denn selbst kräftiger seitlicher Druck auf diesen sorgt nicht für Laufkontakt und die damit verbundenen Präzisionsprobleme. Den backenlosen Hinterschaft schließt eine verschraubte Extralight-Schaftkappe mit Zwischenstück ab, zur individuellen Anpassung gibt es sowohl unterschiedliche Zwischenlagen wie auch Schaftkappen. Der ebenfalls austauschbare, mit griffiger Oberfläche versehene Pistolengriff ist gegenüber den anderen BRX1-Spielarten gefühlt etwas steiler angesetzt. Durch eine spezielle Beschichtung der Schaftteile ergibt sich eine äußerst griffige, den Blick fesselnde Oberfläche. Zur Befestigung eines Trageriemens sind Basen für abnehmbare Riemenbügel angebracht.
Die kurzen Läufe der Ranch-Ausführung machen die Waffe sehr kompakt und sparen Gewicht. Beim Testexemplar mit einer Lauflänge von 46 cm zeigt die Waage 3.200 g an, dies ungeladen und ohne Glas. Der kurze Lauf macht die Beretta sehr handlich, auch bei montiertem Schalldämpfer. Zwar ist nicht jeder "Silencer" gleich lang, dennoch gilt, dass die Waffe insgesamt führig bleibt. Der kurze Lauf hat aber nicht nur Vorteile, ballistisch muss man Abstriche machen. Typischerweise liegt die E0 eines 42 cm langen Laufes rund 15 Prozent unter der eines 10 cm längeren Laufes. Bei einer 308er Büchse wie der Ranch bedeutet dies im Schnitt noch rund 3.000 Joule an der Mündung. Jedoch schlagen sich die ballistischen Einbußen jagdlich kaum nieder, wie Tests mit diversen Lauflängen ergeben haben: Der Verlust von v0 und E0 liegt in einem Bereich, der sich bei den in Deutschland gängigen Schussweiten vernachlässigen lässt. Bleibt ein Phänomen, mit dem man bei kurzen Läufen leben muss: So einiges an Pulver brennt nicht darin ab, wie imposante Mündungsblitze beim dämpferlosen Schuss oder ohne den als Zubehör erhältlichen Feuerdämpfer vorführen.
In der Praxis ging es mit der Beretta BRX1 zunächst in die Röhre
So führte der erste Weg zum Präzisionstest in die 100-Meter-Röhre. Dazu wurde auf der Picatinny-Rail mittels Ringen der Marke Hause Tier One ein Burris-Zielfernrohr des Typs Eliminator 6 verbaut: Das High Tech-Flaggschiff des US-Optikherstellers bietet mit einer 4- bis 20-fachen Vergrößerung bei 52 mm Objektivdurchmesser eine gute Voraussetzung zur Jagd nach engen Schussgruppen und dem späteren Einsatz im Jagdrevier. Voreingestellt mittels Boresighter ging das Einschießen fix vonstatten. Sofort fiel der erhebliche Mündungsblitz auf – beim abendlichen Ansitz sollte zumindest ein Feuerdämpfer aufgeschraubt sein.

Zum Ermitteln der Schussgruppen auf 100 Meter nutzten die Tester Munition in unterschiedlichen Geschossgewichten in bleihaltiger und bleifreier Ausführung. Keine der Fünf-Schuss-Gruppen mit jagdlichen Patronen ging dabei über einen Streukreis von 40 mm hinaus. Spitzenreiter mit 27 mm war die bleifreie RWS Evolution Green Short Rifle mit 9 Gramm (139 grs) Geschossgewicht. Aber auch mit sportlicher Munition machte die kurze BRX1 eine gute Figur: Mit der Hornady BTHP Match (168 grs) ließen sich konstant Streukreise um 25 mm erreichen. Die Beretta zeigte eine Vorliebe für mittelschwere Geschosse.

Danach führte der Weg die BRX1 Ranch ins Schießkino. Dazu wurde ein Steiner Zielfernrohr 1-6x24 verbaut und eingeschossen. Schon "trocken" bei Anschlagübungen ist die Erfahrung Berettas im Bereich der Flinten bemerkbar, das Gewehr ist gut ausbalanciert und der Schaft liegt auf Anhieb perfekt im Anschlag. Übung braucht man zum Repetieren, denn der Verschlussweg ist erstaunlich lang. Soll der Kopf dabei am Schaft bleiben, ist Konzentration gefragt, um ein unweigerliches Ausweichen oder den Kontakt mit dem zurückkommenden Verschluss zu vermeiden. Der Kopf sollte bewusst im hinteren Bereich des Schaftes bleiben, ansonsten wird der flüssige Ablauf beim Nachladen und Halten des Zielbildes empfindlich unterbrochen. Das können manch andere Gradzügler zwar besser, aber dafür entschädigt das nahezu mühelose Öffnen und Schließen des Beretta-Verschlusses. Der läuft wie auf den sprichwörtlichen Schienen, fast ohne Kraftaufwand und ohne jedes Hakeln. Nur das Schließen samt dem damit verbundenen Zuführen einer Patrone aus dem Magazin ins Lager verlangt etwas Druck. Die Waffe wirft abgeschossene Hülsen sicher nach rechts aus, Zuführ- oder Auswerferprobleme traten im Kino nicht auf.


Die anwesenden Schützen begrüßten an der Beretta BRX1 Ranch vor allem die Schaftform und den mit dieser intuitiv möglichen Anschlag. Kein Wunder, dass nach einer kurzen Eingewöhnungszeit die Resultate beim Schuss aus der Bewegung keinen Anlass zum Meckern boten. Versehen mit dem Burris Eliminator ging es danach morgens und abends zum Ansitz im heimischen Revier. Die kurzen Abmessungen und das geringe Gewicht fielen auf dem Weg zum Ansitz positiv auf. Und wegen ihrer geringen Länge ließ sich die Büchse auch in einer engen Kanzel gut bewegen. Das Wechseln vom linken zum rechten Fenster ging problemlos, ohne Getöse und ohne irgendwo anzuecken.
Aber wo Licht, da auch Schatten, denn eines gefiel so gar nicht an der kurzen Beretta: Die Sicherung ließ sich nur schwierig geräuschlos betätigen. Mechanisch und zudem von beiden Seiten haptisch einwandfrei bedienbar, braucht es einiges an Übung und eine spezielle Technik, um den Sicherungsschieber leise von "Sicher" auf "Feuer" zu bekommen. Dabei sollte der Daumen den gefederten Drücker des Schiebers stets auf Spannung halten, ihn erst nach Überwinden der oberen Stellung langsam entlasten und ihn so in die Feuerstellung ablassen. Das liest sich nicht nur kompliziert, sondern ist es ohne Übung auch. So kam es beim Ansitz, wie es kommen musste: Als ein Bock im Anblick war, gab es beim Entsichern ein in der Abenddämmerung vermutlich kilometerweit zu hörendes "Klack" – der Bock quittierte es mit zeitgleicher Flucht und der Tester mit einem nicht druckbaren Fluch. Nun kam die Testbüchse im Frühjahr zur Erprobung, ihre Konzeption richtet die BRX1 Ranch aber zur Bewegungs- und Drückjagd aus. Und die findet bekanntlich überwiegend ab Jahresende statt. So bleibt zur Beurteilung dieser Jagdart nur der Eindruck aus dem Besuch des Schießkinos. Da dieser bis auf die Sache mit dem langen Verschlussweg mehr als positiv war, wird sich die BRX1 Ranch auch in der Praxis sicher bewähren.
Technische Daten und Preis: Repetierbüchse Beretta BRX1 Ranch
Modell: | Beretta BRX1 Ranch |
Kaliber: | .308 Winchester |
Kapazität: | 10 + 1 Patronen |
Länge: | 980 mm |
Lauflänge: | 460 mm |
Dralllänge: | 1:10" |
Abzugsgewicht: | 950 bis 1.500 Gramm |
Gewicht: | 3.200 g |
Links-/Rechts- Ausführung: | Für rechts wie links anpassbar |
Preis(UVP): | 1.895,- Euro |
Ausstattung: Geradzugrepetierer in modularem Aufbau mit Polymer-Schaft, Polymer-Einsteckmagazin, Mündungsgewinde, verstellbarem Abzugsgewicht, Wechsellauf-Möglichkeit. |
Das Fazit des Tests der Beretta BRX1 Ranch

Das Abschlusszeugnis fällt gut aus, auch wenn ein paar Wermutstropfen bleiben. Zu nennen sind der lange Verschlussweg und die durchdachte, aber in puncto leisem Betätigen übungsintensive Sicherung. Da sollten die Beretta-Konstrukteure noch mal nachbessern. Auch wirkt der Lieferumfang recht spärlich, neben dem zum Laufwechsel nötigen Schlüssel gibt es noch ein Fläschchen hauseigenes Waffenöl, das war’s. Gewünscht hätten sich die Tester ein zweites Magazin und zumindest eine Bedienungsanleitung, die fand sich aber nur als Download über die Beretta-Website. Aber unterm Strich steht dies hier: Wer eine moderne, robuste Waffe für viele Jagdgelegenheiten sucht, wird bei der BRX1 Ranch fündig und erhält eine Waffe, die dank des modularen Aufbaus problemlos für alle Optionen anpassbar ist.
Dieser Test erschien auch in der VISIER, Ausgabe 7/2025. In diesem Heft ist auch die ausführliche Schießtabelle mit insgesamt 6 Laborierungen samt der ballistischen Messwerte enthalten. Sie können dies Ausgabe im VS Medien-Shop online kaufen. Dort steht die VISIER 7/2025 auch als ePaper zur Verfügung.
Die Testwaffe Beretta BRX1 Ranch samt Burris-Zielfernrohr kam von der Manfred Alberts GmbH, die nur über den Fachhandel ausliefert. Im aktuellen Manfred Alberts Katalog finden Sie auch weitere Informationen zu dieser und anderen Beretta-Waffen.