Steyr Gams mit FBT-Schaft: Die ultraleichte, jagdliche Repetierbüchse im ausführlichen Praxistest

Gebetsmühlenartig wurde mir dieser Satz vorgetragen, eine Woche lang, jeden Tag: „Bei der Bergjagd zählt jedes Gramm, du musst alles den ganzen Tag schleppen, den Berg rauf und wieder runter“. Ich hatte schon Blasen an den Ohren vom Zuhören. Als bekennender Klugscheißer und notorischer Besserwisser wusste ich dagegen,  „dass sich die Jagd in den Bergen überhaupt gar nicht zu der Jagd im Wald oder am Feld unterscheidet“. Sollten sie doch reden, dachte ich und rannte sehenden Auges in mein Verderben. So endete mein erstes Gams-Abenteuer mit einer kleinen Nahtod-Erfahrung und viel Blut, Schweiß und Tränen. Hart erkämpft musste ich zugeben, am Berg zählt doch jedes Gramm. Mein zweites Erlebnis mit einer Gams gab es mit derjenigen von Steyr Arms. Steyr hat sich für das Projekt der ultimativen Hochgebirgswaffe die Firma FBT Fine Ballistic Tools als Partner an die Seite gestellt. Vertrieben wird die Waffe in Deutschland über AKAH. Was dabei herausgekommen ist, haben wir nun getestet. Lange hatte ich auf eine Testwaffe warten müssen. Umso höher waren die Erwartungen. Einerseits in die Leistung, die die Steyr Gams bringen könnte, andererseits die Performance, die der Schaft und das Set an sich zeigen würden. Die Steyr Gams wurde im Kaliber 6,5 Creedmoor zur Verfügung gestellt. Mit nur 2,4 Kilo Gesamtgewicht ist sie ein echtes Leichtgewicht.

Die Steyr Gams und ihr Schaft von Fine Ballistic Tools (FBT):

Der Steyr Gams-Lochschaft aus Kohlefaser stammt von dem österreichischen Hersteller Fine Ballistic Tools. Auf Knopfdruck justiert man den höhenverstellbaren Schaftrücken.

FBT aus Gröbming hat sich nicht nur mit den hauseigenen ultraleichten 3D-Druck-Schalldämpfern am Markt etabliert, sondern in erster Linie mit den Schäften aus Kohlefaser. Angefangen hatte alles mit dem Modell für die Blaser R8-Systeme, mittlerweile gibt es kaum ein Waffensystem, für das FBT nicht einen passenden Carbon-Schaft anbieten beziehungsweise herstellen kann. Der Unic-Kohlefaser-Lochschaft ist für Rechts- und Linksschützen erhältlich. Gefertigt wird der Schaft zum einen aus Carbon-Gewebe, das auf spezielle Art schichtweise laminiert wird und somit bruchsicher ist. Zum anderen hat der Schaft einen 3D-Druck-Teil in der Mitte, der das Magazin sowie das System beherbergt. Die erzielte Leichtigkeit durch den Werkstoff Kohlefaser im Zusammenspiel mit dem System aus dem 3D-Drucker ist unbestritten phänomenal. Die Übergänge der einzelnen Werkstoffe sind sehr sauber verarbeitet und die Waffe macht (nicht nur dadurch) einen sehr wertigen Eindruck.

Aufgrund der geraden Hinterschaftform soll der Rückstoß direkt und gerade in die Schulter des Schützen abgeleitet werden. Ein Hochschlagen der Büchse soll so weitestgehend unterbunden werden. Der hohle Kohlefaser-Körper soll dem Schützen ebenfalls noch etwas von dem Rückstoß abnehmen. Die Wangenauflage lässt sich mittels Druckknopfes verstellen. Die maximale Höhe beträgt 2,5 Zentimeter. Die Wangenerhöhung kann werkzeuglos aus dem Schaft entnommen und wenn nötig gereinigt werden. Der Schaftrücken hat einen sogenannten Überlastungsschutz. Sollte es in unwegsamem Gelände zu einem Sturz kommen, soll er nicht abbrechen, sondern in den Schaft zurückgedrückt werden. Im Hinterschaft befindet sich die Aufnahme für die Push & Go-Riemenbügelöse als kleine QD-Mount. Der Pistolengriff des Lochschaftes lässt sich sowohl mit größeren als auch mit kleineren Händen sehr gut umfassen. Der Pistolengriff ist recht kurz und steht relativ steil. Beim Anschlagen und Schießen im Sitzen auf dem Schießstand (und auch vom Hochsitz) war die Ergonomie schon sehr angenehm, aber auch hier kommt das „Aha-Erlebnis“, wenn man die Waffe mal liegend schießt. Praktisch für das Schießen im Liegen ist die schnell herausnehmbare Mini-QD-Mount. Ohne den Riemenbügel nebst Ösen liegt die Waffe noch besser zum Beispiel auf dem Rucksack. Wem das Schießen über ein Zweibein besser liegt, muss nicht den Umweg über die Riemenbügelöse gehen, sondern kann gleich eines von Spartan in den Vorderschaft klicken.

Das System der Steyr Gams:

Der Spannschieberauf dem Kolbenhals ließ sich bequem bedienen. Alternativ zum Handspanner ist die Steyr Gams aber auch mit einer Drei-Stellungs-Sicherung zu haben.

Die Steyr Gams wurde nicht nur in Sachen Schaft für die Jagd in den Bergen optimiert, sondern auch in der Kaliberauswahl. Erhältlich ist die Waffe in .223 Remington, .243 und .308 Winchester, 6,5 Creedmoor und 7mm-08 Remington. Allesamt keine zu rückstoßstarken Kaliber, die gut mit der Leichtigkeit der Waffe harmonieren. Auf dem Kolbenhals sitzt die Handspannung. Ist der Spannschieber in der untersten Position und ein weißer Punkt zu sehen, ist die Waffe entspannt. Um den Schlagbolzen zu spannen, muss der Spannschieber nach oben gedrückt werden und ein roter Punkt wird sichtbar. Der Widerstand zum Spannen ist gerade richtig eingestellt, nicht zu schwer und nicht zu leicht. Ist die Waffe gespannt, zeigt dies der herausstehende Stift in der Schlossmutter an. Beim Entspannen zieht sich dieser wieder mit zurück. Liebhaber einer Handspannung kommen in der hier getesteten Variante voll auf ihre Kosten. Wer auf eine Drei-Stellungs-Sicherung steht, kann diese als Option aber auch bekommen. Die Sicherung wirkt dann auf den Abzug und sperrt zusätzlich den Kammergriff sowie den Schlagbolzen. 

Der Verschluss der Steyr Gams begnügt sich mit einem Öffnungswinkel von 70 Grad.

Die Systemhülse wird aus dem Vollen gearbeitet und zur Aufnahme einer Optik setzt Steyr auf Weaver-Ausfräsungen. Seit Oktober sind auch Dentler-Montagen für die Steyr Gams verfügbar. Der Zylinderverschluss läuft sehr flüssig. Steyr Arms setzt auf das patentierte SBSTM-System für die Verriegelung, die einen zusätzlichen Sicherungsring um den Verschlusskopf verbaut hat. Diese Art des Verschlusses soll dem Schützen zusätzliche Sicherheit gewähren, zum Beispiel bei unerwartet hohem Gasdruck. Die zusätzlichen Ausfräsungen im Verschluss sollen das störungsfreie Repetieren unter extremen Bedingungen sicherstellen, wie zum Beispiel bei großer Kälte und einer eventuellen Vereisung. Um den Verschluss aus dem Gehäuse zu entnehmen, muss der Abzug betätigt werden, dann lässt er sich in einer Drehbewegung aus dem System holen. Der Kammerstängel hat einen schönen Schwung, der Öffnungswinkel der Kammer beträgt 70°. Aus Gründen der Gewichtsersparnis wurde der Lauf der Gams kanneliert. Für einen optisch harmonischen Gesamteindruck sorgt die graue Manox-Beschichtung.

Abzug, Magazin, ZF-Montage und Schalldämpfer – das Gesamt-Set-Up der Steyr Gams

Die Handhabe des Vergrößerungsrings des  Vortex Strike Eagle 5-25x56 konnte je nach Einstellung dem Kammerstängel der Steyr Gams beim Repetieren zu nah kommen.

Auf der Testwaffe war ein Zielfernrohr des Typs Vortex Strike Eagle 5-25x56 mittels Eratac-Blockmontage. Vom selben Hersteller stammte der Schnellverschluss Eraloc sowie der Schalldämpfer Erasilencer SOB 2S. Der Schalldämpfer wird als Hybrid beschrieben, mit einem Kern und Blendenteil aus hochvergütetem Edelstahl und einer Außenhülle aus hochfestem Aluminium mit verstärkter Wandung. Dieser Schalldämpfer ist laut Hersteller auch für den Einsatz im Schießkino geeignet. Abstriche gab es beim  Abzug. Dieser wird von Steyr als Druckpunktabzug mit Rückstecher beschrieben. Leider war bei der hier getesteten Waffe kein Druckpunkt zu finden. Nach einem Vorweg brach der Abzug dann recht matschig und rutschte durch. Auch in Verbindung mit der Option des Rückstechers wurde die Charakteristik nicht zufriedenstellender. Die gemessenen Gewichte des Abzuges (zirka 830 g und eingestochen 170 Gramm) wären grundsätzlich sehr gut zu der Büchse passend. Keinerlei Probleme bereitete die Munitionsversorgung des Repetierers: Das zweireihige Kunststoffmagazin lässt sich sowohl sehr gut in der Büchse eingesteckt einfach von oben als auch bewährt direkt mit Patronen bestücken. Für die Entnahme müssen die zwei Taster rechts und links am Magazin gleichzeitig gedrückt werden. Vier 6,5er Patronen passen ins Magazin, eine weitere ins Patronenlager.

Mit der über AKAH vertriebenen Steyr Gams auf der Schießbahn

FBT hat sich für eine gerade Gummi-Schaftkappe entschieden, die den Rückstoß entsprechend gerade in die Schulter des Schützen ableiten soll. Das funktioniert. Sowohl mit als auch ohne Schalldämpfer ist das Schießen mit dem leichten Schaft zu keiner Zeit unangenehm. Die Verstellung der Höhe der Wangenauflage ist mittels im Schaft eingelassenen Druckknopfes spielend leicht zu erledigen. Die unterschiedlichen Rasten sind etwas undefiniert. Es gibt keinen Anschlag, der die Höhenverstellung begrenzt, man hat im „schlimmsten“ Fall das ganze Bauteil samt Federn in der Hand. Dies ist laut Hersteller so gewollt, sollte mal Dreck reinkommen, lässt sich dieser schnell wieder herausputzen. Hat man also den ganzen „Kladderadatsch“ in der Hand, lässt sich alles ebenso schnell wieder zusammenstecken, wie man es auseinandergenommen hat. Als gut gewählt erweist sich der Abstand des Abzugszüngels zum Pistolengriff. Auch der Kammerstängel lässt sich sehr gut greifen und repetieren. Bei der Wahl der Optik sollte der Öffnungswinkel des Verschlusses mit bedacht werden. Bei dem zur Verfügung gestellten Set korrespondierten der Kammerstängel und der „Switchview“ Throw Lever des Zielfernrohres nicht so optimal miteinander. 

Die Steyr Gams schießt sich auch ohne Schalldämpfer angenehmer, als es ihr geringes Gewicht vermuten lassen würde.

Auf dem Schießstand wurde die Waffe mit vier unterschiedlichen Laborierungen getestet. Gemessen wurde die Geschwindigkeit vor der Mündung mit einem Garmin Xero C1 Chronograph. Selten waren die Ergebnisse in einer so großen Spanne. Platz 1 mit 16 mm belegte dabei die RWS HIT (weitere Ergebnisse gibt es in der VISIER 1/2025, mehr dazu s.u.). Auffallend beim Repetieren, dass die Patronen zwar störungsfrei zugeführt wurden, jedoch ab und zu nicht ausgeworfen wurden und im Auswurffenster liegen blieben. Im ersten Moment konnten wir uns darauf keinen Reim machen. Bei näherer Betrachtung wird es wohl daran liegen, dass die Hülsen die wuchtige Montage touchieren. 

Selbstverständlich wollte ich es mir nicht nehmen lassen, mit der Testwaffe auch jagen zu gehen. Leider nicht auf Gams, aber auf unsere Hauptwildart Reh. Weihnachten kommt ja immer so plötzlich und wie durch Zauberhand flattern kurz vor dem Fest noch diverse Wildfleischwünsche ins Haus. So muss man das Wetter ausnutzen und auf sein Glück hoffen. Vom Sitz, der bei uns „der letzte Mohikaner“ heißt, versprach ich mir gute Chancen. Relativ schnell nach dem Einnehmen des Standes verschwand auch schon ein weibliches Stück Rehwild durch die Buchenverjüngung den Hang hinauf. Schade, aber da war nichts zu machen. Dann war ein deutliches Rascheln im überfrorenen Buchenlaub zu vernehmen. Ein Bockkitz trat aus der Dickung und machte sich auf den Weg zur Kirrung. Der Schuss brach durch die Dämmerung und der Weihnachtsbraten für die Nachbarin war gesichert. Waidmannsheil und Waidmannsdank.

Die Steyr Gams im Test-Setup. Der Weg führte nicht nur auf den Schießstand, sondern auch ins Revier.

Fazit: Das Urteil zur ultraleichten Steyr Gams, erhältlich via AKAH

Wer in Sachen Waffengewicht keine Kompromisse machen will, der wird an der Steyr Gams nicht vorbeikommen. Mit passender Munition lassen sich sehr gute Ergebnisse erzielen. Es zählt jedes Gramm und leichter kommen Sie einfach nicht rauf auf Ihren Berg – ans Sofa kommen sie nämlich nicht (kleiner Pro-Tipp vom Klugscheißer Ihres Vertrauens).


Dieser Test erschien auch in der VISIER, Ausgabe 1/2025. Dort sind auch die ausführlichen Schießergebnisse von vier Laborierungen enthalten. Das Heft können Sie im VS Medien-Shop online kaufen. Es steht auch als ePaper zur Verfügung.

Weitere Informationen zur Waffe erhalten Sie auf der Webseite von Hersteller Steyr Arms.

Danke an Nagl Oberflächentechnik GmbH für das Überlassen des Test-Sets aus Waffe, Zielfernrohr und Schalldämpfer. Der deutsche Vertrieb von Steyr Arms liegt bei AKAH, der Verkauf der Steyr Gams erfolgt über den Fachhandel.

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