Ballistik: Immer an der Kurve entlang

Bei diesen Projektilen sorgen die sich ausdehnenden Pulvergase für den Antrieb. Würden keine weiteren Kräfte auf das Geschoss wirken, dann würde es nach Verlassen des Laufes permanent mit gleichbleibender Geschwindigkeit in Verlängerung der Seelenachse des Rohres weiterfliegen.

Auf unserem Planeten sorgen in erster Linie zwei Kräfte dafür, dass ein Geschoss seinen Weg nicht unaufhaltsam auf dieser ins unendliche führenden Geraden fortsetzt: Die eine heißt Schwerkraft (Gravitation) und die andere Luftwiderstand. Die Schwerkraft zieht das Geschoss in Richtung des Masseschwerpunktes — also zum Mittelpunkt — der Erde hin. Der Luftwiderstand bremst das fliegende Objekt beständig ab. Gleichzeitig beschleunigt die Schwerkraft das Projektil stetig in Richtung Erdmitte. Dadurch beschreibt die Flugbahn des Geschosses einen zu ihrem Ende hin steiler abfallenden Bogen — die sogenannte ballistische Kurve.

Die von der Gravitation der Erde ausgelöste Beschleunigung ist für alle Körper gleich. Sie beträgt an nahezu allen Orten auf der Erdoberfläche konstant ein g (= 9,81 m/s2). Die Masse des Körpers spielt dabei keine Rolle. Anders beim Luftwiderstand: Das Geschoss muss beim Durchfliegen der Luft die Luftmoleküle quasi zur Seite schieben, oder besser: Die Luftteilchen umströmen das Geschoss. Die Luft liegt dabei in dünnen Schichten rund um das Geschoss an. Innerhalb des Luftstroms herrschen unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten und Druckverhältnisse. Durch die unterschiedlichen Geschwindigkeiten reiben sich die einzelnen Luftschichten aneinander. Dabei wird Bewegungsenergie in Wärme umgewandelt und geht verloren. Das Geschoss wird langsamer. 
Zusätzlich können die ursprünglichen Druck- und Geschwindigkeitsverhältnisse im Luftstrom hinter dem Geschoss nicht mehr aufrecht erhalten werden. Dort entsteht ein Unterdruck. Aus diesem Druckdefizit resultiert nun eine Kraft (Bodensog), die auch der Bewegungsrichtung des Geschosses entgegen wirkt. Der Bodensog bremst das Projektil also weiter ab. Diese Kraft macht das Gros des Luftwiderstandes aus. Eine weitere Rolle spielt dabei aber auch  der Reibungswiderstand des Geschosses selbst.

Fliegt ein Projektil schneller als der Schall (ca. 340 m/s), entsteht an seiner Spitze zudem eine Stoßwelle. An der Stoßfront dieser Welle sinkt die Strömungsgeschwindigkeit schlagartig unter die Schallgeschwindigkeit. Dagegen steigen dort Druck und Luftdichte so stark an, dass es kracht: Der Überschallknall zeigt das Durchbrechen der Schallmauer an. Auch die für dieses akustische Phänomen nötige Energie geht dem Geschoss verloren. Überdies entstehen beim Durchfliegen des sogenannten Transsonic-Bereichs Turbulenzen. Diese „rütteln“ das Geschoss durch und beeinflussen die Strömungsverhältnisse.

Die Bremswirkung des Luftwiderstandes auf ein Geschoss hängt unmittelbar ab von seiner Masse sowie der Angriffsfläche, die es der Luft bietet. Dabei bremst der Luftwiderstand ein fliegendes Objekt um so stärker, je mehr Angriffsfläche es ihm bietet und je weniger Masse es besitzt. Umgekehrt wird ein Geschoss mit möglichst kleinem Querschnitt und relativ viel Masse nicht so stark gebremst. Das Verhältnis von Geschossquerschnitt und Masse bezeichnet der Ballistiker als Flächenlast respektive Querschnittsbelastung oder kurz als q . Die entsprechende Formel lautet: 
q = Masse durch Fläche. Da die Masse bei diesem Bruch im Zähler steht, lässt sich durch Geschossmaterialien mit hoher Dichte (= hohes Volumengewicht) wie Blei oder Wolfram die Querschnittsbelastung erhöhen. Auch ein Zurückgreifen auf eine möglichst lange Geschossform trägt zur Erhöhung der Masse und damit des Wertes von q bei.

Um den Luftwiderstand weiter zu minimieren, setzen die Geschosshersteller zum Teil auf besonders aerodynamische Geschossformen. Ein Flachkopfgeschoss oder ein Diabolo bietet der Luft einfach mehr Angriffsfläche. Solche Formen werden stärker abgebremst als eine Rundkugel. Noch bessere Eigenschaften in dieser Hinsicht bieten die spitzen stromlinienförmigen Ogivalgeschosse. Die gibt es mit unterschiedlichen Ogivenradien, also spitz- bogenförmigen Silhouetten. Ein Bootsheck am Geschoss verringert die „Turbolenzen“ beim Durchbrechen der Schallmauer und somit den Bodensog.

Nochmals zusammengefasst bedingt die Erdanziehung also die Krümmung der Flugbahn und der Luftwiderstand das Abbremsen des Geschosses. Dabei bedeutet ein zweimal so großer Querschnitt den doppelten Luftwiderstand. Bei doppelter Geschossgeschwindigkeit vervierfacht sich der Widerstand sogar. Der Luftwiderstand hängt ja von Geschossgewicht und Form ab. Um die Bremswirkung des Luftwiderstandes bei verschiedenen Geschossen vergleichen zu können, führten die Ballistiker den sogenannten Ballistischen Koeffizienten (englisch = Ballistic Coefficent) ein. Der BC fasst die Querschnittsbelastung und die aerodynamischen Eigenschaften in eine Zahl. Je weiter die Schussdistanz, desto größer sollte der BC eines Projektils sein. Beim BC handelt es sich allerdings nur um einen Richtwert. Ihm zu Grunde liegt ein von der Form her veraltetes artilleristisches Normgeschoss mit dem Kaliber ein Zoll (2,54 cm) und der Masse von einem britischen Pfund (453,6 g). Dieses „Ur-Geschoss“ hat den BC = 1. Ausgehend von diesem Wert ist der BC von Handfeuerwaffengeschossen demnach immer kleiner als 1.

Es gibt aber noch weitere auf ein fliegendes Projektil wirkende Kräfte. Diese erzeugen bestimmte Drehmomente. So lenken etwa am Geschoss nach Verlassen der Mündung vorbeiströmende Pulvergase das Projektil aus seiner Längsachse aus. Die daraus resultierende Abweichung zwischen Bewegungsrichtung und Geschossachse bildet den Anstellwinkel. Im Normalfall fliegt das Geschoss also quasi mit „leicht (minimal) erhobenem Haupt“ von der Mündung bis ins Ziel.

Auch von der Luftkraft geht ein Drehmoment auf das Projektil aus. Ihr Angriffspunkt deckt sich in den seltensten Fällen mit dem Schwerpunkt des fliegenden Objekts. Dieses von der Luftkraft erzeugte Kippmoment führt ohne entsprechende Gegenmaßnahmen zum Überschlagen des Geschosses. Es muss also irgendwie dagegen stabilisiert werden.

In Sachen Stabilisierung unterscheidet die Ballistik grundsätzlich zwischen zwei Arten: Die Stabilisierung mit und ohne Drall. Dabei funktioniert diejenige mit Drall nach dem gleichen Prinzip wie ein Brummkreisel. Den dürften viele noch aus ihrer Kindheit kennen – doch dazu später mehr.
Zunächst zu den Geschossen, die ohne eine schnelle Drehung um ihre Längsachse auskommen. Bei diesen Flugkörpern erfolgt die Stabilisierung beispielsweise durch die Verlegung des Schwerpunktes vor den Angriffspunkt für die Luftkraft. Bei Pfeilen funktioniert dies teilweise durch eine entsprechend schwere Spitze. Ein weiteres Beispiel für diese so genannte Pfeilstabilisierung aus dem sportlichen Bereich ist der Speer der Leichtathleten.

Die nächste Drallose Stabilisierungsvariante nutzt ebenfalls die Luftkraft selbst. Bei ihr wird der Luftangriffspunkt sogar bis an das Heck des  Geschosses verlegt. Dies geschieht entweder durch Vergrößern des Luftwiderstandes selbst (z. B. Sportarmbrust-Bolzen) oder durch Erhöhen der Auftriebskräfte am Heck durch ein Leitwerk. Im ersten Fall spricht der Ballistiker von Widerstands- und im zweiten von Flügelstabilisierung.

Mit der Schulterstabilisierung gibt es noch ein zusätzliches Mittel gegen das Kippmoment. Und dieses wirkt sogar bei Geschossen mit und ohne Drall. Es funktioniert aber nur bei Projektilen mit großen, flachen Stirnflächen und bei geringen Anstellwinkeln. Hier reißt die gegen den Geschosskopf drückende Luftströmung an der Stirnflächenkante ab, so dass auf den restlichen Geschosskörper keine weiteren störenden Druckkräfte (Drehmomente) wirken.

Nun zu der bei Handfeuerwaffen — glattläufige einmal ausgenommen — gebräuchlichsten und damit auch wichtigsten Form der Geschossstabilisierung: dem Drall. Um zu verstehen, warum sich diese Rotationsbewegung gegenüber den anderen Stabilisierungsarten erst so spät durchsetzte, lohnt ein Blick in die Waffengeschichte: Die ersten Feuerwaffen waren alles andere als präzise. Das Augenmerk der Konstrukteure der ersten Vorderlader lag auf Haltbarkeit und Feuergeschwindigkeit. Wichtig war halt, dass das Feuerrohr dem Schützen nicht um die Ohren flog. Auch sollte dieser möglichst schnell den nächsten Schuss abgeben können. An so etwas wie Geschossstabilisierung dachte ob der relativ geringen Reichweite zunächst keiner. Die über Jahrhunderte dominierende Rundkugel verhielt sich zudem in dieser Hinsicht recht anspruchslos. Sie verlor aufgrund ihrer geringen Querschnittsbelastung sehr schnell an Geschwindigkeit und damit auch an Energie. Auf große Schussweiten fehlte es ihr damit natürlich auch an Wirkung. Bei diesen Kugelwaffen vereinfachte ein glatter Lauf zudem das schnelle Laden.

Trotzdem kannte man schon recht früh eine physikalische Gesetzmäßigkeit: Sich schnell um ihre Achse drehende Körper sind schwerer umzukippen als solche, die nicht rotieren. Vereinzelt gab es auch schon Schießversuche mit leitwerksbestückten Langgeschossen aus Feuerwaffen. Ein Prinzip, das sich beim Pfeil ja bereits bestens bewährt hatte. Brachte der Pfeilmacher die Federn etwas schräg an, oder bogen sich diese im Flug leicht zur Seite, begann der Pfeil sich langsam in der Luft zu drehen. Bereits diese geringe Rotation machte solche Pfeile oft präziser als jene, die nicht rotierten. Die Drehbewegung glich etwaige ungleiche Massenverteilungen im Pfeilschaft aus. Der Drall beugt also unter anderem bei unwuchtigen Geschossen einem seitlichen Abdriften vor. Seine Hauptaufgabe besteht jedoch darin, dem Projektil durch die Drehung ein hohes Trägheitsmoment zu verleihen. Ihn also wie den bereits erwähnten Kreisel aus Kindertagen gegen ein Kippen aus der Drehachse zu schützen.

Es musste also eine Möglichkeit her, das Geschoss vor Verlassen des Laufes zum Rotieren zu bringen. Der Legende nach stieß ein Nürnberger Büchsenmacher namens August Kutter im 16. Jahrhundert auf das Rezept. Bereits seit der Zeit der frühen Luntenschlossmusketen schnitten einige Vertreter seiner Zunft gerade Schmutzrillen in die Läufe ein. Diese sollten vermutlich das Laden der verschmauchten Läufe leichter machen, hatten aber wohl eher „homöopathische“ Wirkung. Kutter soll nun diese Züge erstmals schraubenförmig angeordnet haben. Diese versetzten das Geschoss in eine Drehbewegung, und es traf besser. Fraglich ist, ob die Produzenten der frühen gezogenen Läufe wussten, warum dies so war. Lange Zeit lautete eine Begründung, dass der Teufel auf einer sich drehenden Kugel nicht reiten könne. Wie gesagt: Heute weiß man, dass es mit Luftwiderstand und Kippneigung zusammenhängt.
Während zum Beispiel schulterstabilisierte Wadcutter-Geschosse relativ wenig Kippneigung besitzen, bringt der Luftwiderstand insbesondere lange und spitze Geschosse sehr schnell zum Überschlagen. Daher gilt: Je spitzer und länger ein Projektil ist, desto höher sind die Ansprüche an seine Stabilisierung. Moderne Gewehrgeschosse sollen große Entfernungen überbrücken und dabei so viel Energie wie möglich ins Ziel bringen. Dies erfordert lange, sehr aerodynamische Projektile mit einem weit hinten liegenden Schwerpunkt und einem weit vorn liegenden Luftangriffspunkt. Die Drallgeschwindigkeit muss auf diese Faktoren abgestellt sein, um das Geschoss am Kippen zu hindern.

Am deutlichsten kommt dies bei den sehr kleinen und langen Geschossen zum Tragen. Daher soll die inzwischen militärisch und zivil verbreitete .223 Remington (5,56 mmx45) als ausführliches Beispiel dienen: Durch einen entsprechenden Drall können theoretisch Geschosse bis zur maximal siebenfachen Kaliberlänge (sieben mal so lang wie dick) stabilisiert werden. In der Praxis lassen sich jedoch bei einem weit hinten liegenden Schwerpunkt lediglich Geschosse bis zu 5 1/2-facher Kaliberlänge stabilisieren. Diesen Wert reizt man bei der .223 Remington etwa in Verbindung mit Hollowpoint-Boattail-Geschossen bereits im Bereich von 90 Grains (5,8 Gramm) aus. Während die ersten Waffen in diesem Kaliber noch mit einer Umdrehung des Geschosses (Dralllänge) auf 14 Zoll (356 mm) ausgeliefert wurden, wechselte man schnell auf eine Dralllänge von 1:12“ (eine Umdrehung auf zwölf Zoll oder 305 mm). Im zivilen Bereich folgte der Neun-Zoll-Drall (229 mm). Und bei Behördenwaffen ist man inzwischen bei 1:7“ (178 mm) angekommen. Wieder anders ist es im Sportbereich: Wo man mit diesem kleinen Kaliber auf Entfernungen bis 1000 Yards schießt, da finden sich seit einigen Jahren Dralllängen von 6,5 Zoll (152 mm). Je kürzer die Dralllänge, desto höher ist (bei gleicher Geschwindigkeit) auch die Drehzahl der Geschosse um die eigene Achse.
So bringt es etwa das 63 gr (4,1 g) schwere Geschoss einer 5,56 mmx45 NATO-Patrone mit einer v0 von 930 Metern pro Sekunde bei einer Dralllänge von sieben Zoll auf rund 5230 Geschossumdrehungen in der Sekunde. Dabei wirken enorme Fliehkräfte auf den Geschossmantel. Das Material muss daher sehr widerstandsfähig sein, damit es nicht abreißt. Wobei die Hülle nicht unbedingt auf den ersten 100 Metern des Geschossfluges abplatzen muss. Manchmal geschieht das auch erst nach mehreren hundert Metern. Das liegt daran: Die Drallgeschwindigkeit geht im Vergleich zur Geschossgeschwindigkeit nur sehr langsam zurück. Somit kommen der Zeitstandsfestigkeit des Mantels und natürlich der Tiefe wie auch der Schärfe der Züge eine große Bedeutung zu. Je schärfer und tiefer die Züge ins Material schneiden, desto schwächer wird an dieser Stelle der Geschossmantel und so leichter können die Scherkräfte an dieser Stelle auftrennen.

Aber zurück zur .223 Remington. Hier setzen sich seit einigen Jahren selbst im zivilen Bereich immer mehr schnellere Dralllängen von 1:7“ oder 1:8“ durch. Damit lassen sich längere und damit auch schwerere Geschosse präziser verschießen. Das erlaubt selbst mit diesem relativ kleinen Kaliber effektive Schussweiten von 600 bis 1000 Meter.
Übrigens dient der „schnelle“ NATO-Drall von 1:7“ nicht etwa der Stabilisierung des 63-Grains-Standardgeschosses – das würde auch mit 1:9“ Drall gut fliegen – vielmehr fordern die langen Leuchtspurgeschosse einen schnelleren Drall.

Selbstverständlich kann man mit dem „idealen“ Drall für ein Geschoss etwas mehr Präzision aus hochwertigen Matchbüchsen erzielen als mit erheblich „überstabilisierten“, sprich viel zu schnell rotierenden Projektilen. Gute Geschosse pendeln sich im Flug schneller aus: Das aus der optimalen Flugbahn ausgelenkte Projektil kehrt rascher in diese zurück. Dadurch fällt auch der Geschwindigkeitsverlust insbesondere auf größere Entfernungen geringer aus. Allerdings sollte man bei leichten Geschossen aus Serienwaffen nicht zu viel erwarten. Nicht selten schießen hier Waffen mit schnellem Drall präziser als solche mit langsamerem Drall, jedenfalls bei Nutzung hochwertiger Geschosse.

Bei der .223 Remington stellt der 1:8-Zoll-Drall sportlich einen guten Kompromiss in punkto hoher Drallgeschwindigkeit und dem Vermeiden von Mantelschäden dar – insbesondere dann, wenn aus längeren Läufen verschossen. Damit lassen sich klassische Match-Geschosse bis etwa 80 grs (5,18 Gramm) sicher stabilisieren und auch leichtere Versionen sollten es selbst aus 24 Zoll langen Läufen und kräftigen Ladungen noch unzerstört bis ins Ziel bringen. Der frühere 1:12“-Drall reicht lediglich bei HPBT-Geschossen mit Bleikern bis um die 60 Grains Gewicht, der 1:9“ bis rund 75 Grains – sofern die Lufttemperatur nicht zu niedrig ist, auch bis 77 Grains.

Überhaupt, was bei warmem und feuchtem Wetter gut fliegt, kann im Winter bei trockener Kälte ganz anderes reagieren. Das liegt daran, dass mit abnehmender Temperatur auch die Luftdichte zunimmt und kalte Luft zudem weniger Wasserdampf aufnehmen kann als warme. Auch das führt zu einer Zunahme der Luftdichte und folglich des -widerstandes. Ein etwas schnellerer Drall schafft hier Abhilfe. Daher: im Zweifel lieber etwas mehr Drall als zu wenig, sprich: eine kürzere Dralllänge wählen. Das gilt übrigens auch für andere Kaliber.

Seitenabweichung: Ein Geschoss mit Rechtsdrall rollt im Flug aufgrund des nach dem deutschen Physiker Heinrich Gustav Magnus benannten Magnuseffekts (siehe Glossar) leicht nach rechts, eines mit Linksdrall entsprechend in die andere Richtung. Das macht sich aber erst auf größere Schussdistanzen ab etwa 600 Meter bemerkbar. Aber auch dort spielt es im Vergleich zur Windabweichung kaum eine beachtenswerte Rolle. Vereinfacht: Bei der .223 mit 69- Grains-Geschoss kann man auf 300 m mit etwa zwei Zentimetern, auf 600 Meter mit 13 Zentimetern und auf 900 m mit 45 cm Seitenabweichung rechnen. Das gilt aber auch analog für alle Kaliber mit ähnlicher Flugbahncharakteristik. Recht simpel gesagt, lässt sich der Magnuseffekt durch eine geringe Schrägstellung der Visierung nach links bei Rechtsdrall oder im umgekehrten Fall in die andere Richtung auffangen.

Nur viel schwerer bekommt man den Windeinfluss in den Griff. Eigentlich zu vernachlässigen ist Längswind, egal, ob er frontal oder vom Heck auf das Geschoss weht. Erst ab Windgeschwindigkeiten über 70 Stundenkilometer (19,44 m/s) und Entfernungen über 300 Meter macht er sich zielseitig im Zentimeterbereich bemerkbar. Die Böen liegen dann aber schon im stürmischen Bereich. Da brechen auch schon dickere Äste weg, und Dachziegel fliegen davon. Von entscheidender Bedeutung ist aber der Wind, der von der Seite auf das fliegende Projektil trifft. Auch hier spielt der Ballistische Koeffizient eine Rolle. Schnell verzögerte Geschosse sind windempfindlicher als welche mit großem BC. Unter Windempfindlichkeit versteht der Ballistiker übrigens die vom Wind hervorgerufene seitliche Ablage eines Geschosse pro 1 m/s Querwind. Auf besagte 300 Meter Distanz sind das bei Büchsengeschossen etwa vier bis acht Zentimeter. Bei 3 m/s Seitenwind entsprechend zwölf und mehr Zentimeter. Konstanten Seitenwind können erfahrene Schützen durch Ändern des Haltepunktes ausgleichen. Bei Böen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten oder wechselnden Richtungen geht das nicht mehr. Bei Kurzwaffen kommt der Seitenwind aufgrund kleinerer Schussweiten (in der Regel bis maximal 50 Meter) und damit kürzerer Geschossflugzeiten kaum zum Tragen.

Dieser Artikel erschien in Visier Special 66 "Ballistik". Diese Ausgabe können Sie im Online-Shop erwerben.