Erst jüngst haben wir hier bei all4shooters.com über die Pläne des Bundesinnenministeriums zur Verschärfung des Waffenrechts (Kern: sog. Nadelwaffen) berichtet. Nun zeichnen sich weitere Änderungen für Waffenbesitzer ab: Die Europäische Union arbeitet wieder an Maßnahmen zur Verschärfung des Waffenrechts. So hat der Rat einen "Entwurf von Schlussfolgerungen des Rates zur Bekämpfung des Waffenhandels und der Bedrohungen durch Schusswaffen und pyrotechnische Gegenstände" vorgelegt. Währenddessen kündigt Bundeskanzler Friedrich Merz in einer Videobotschaft auf dem Bundesjägertag 2025 eine Überprüfung des Waffenrechts an. Wir haben beide Themenkomplexe beleuchtet:
Verschärfung des Waffenrechts auf EU-Ebene: Das plant der Europäische Rat
Hintergrund der geplanten Verschärfung in der EU seien Entwicklungen in der Herstellung und Verbreitung von nicht registrierten Schusswaffen, der illegale Umbau legaler Waffen sowie sicherheitsrelevante Vorfälle mit pyrotechnischen Gegenständen. Ein Entwurf für Schlussfolgerungen des Rates wurde am 23. Mai 2025 in überarbeiteter Fassung im Ausschuss der Ständigen Vertreter finalisiert und soll nun offiziell angenommen werden. all4shooters.com hat das Papier vorliegen. Konkret geht es um folgende Punkte:
1. 3D-Druck und illegale, private Waffenherstellung

Besondere Aufmerksamkeit widmen die Ratsdokumente der wachsenden Zahl „privat hergestellter Schusswaffen (einschließlich 3D-gedruckter Schusswaffen)“. Diese werden nach Einschätzung des Rates zunehmend zur Herausforderung für die Strafverfolgung, da sie in vielen Fällen keine Seriennummern oder anderen Identifikationsmerkmale aufwiesen. In dem Entwurf heißt es: „Der Einsatz von Technologien, einschließlich des 3D-Drucks, zur illegalen Herstellung privat hergestellter Schusswaffen […] entwickelt sich zu einer Quelle neuer Bedrohungen für die innere Sicherheit der EU.“ Als problematisch werden insbesondere die im Internet frei verfügbaren digitalen Baupläne beschrieben, „die heruntergeladen, verbreitet und zur illegalen Herstellung von Schusswaffen verwendet werden können“.
Die Schlussfolgerungen regen unter anderem an, eine bessere Überwachung des Online-Raums zu prüfen und Mechanismen zur Kontrolle oder Sperrung solcher Inhalte zu entwickeln – soweit dies rechtlich möglich ist. Zudem sei eine Harmonisierung der Vorschriften auf EU-Ebene in Betracht zu ziehen, da der „Umgang mit der illegalen Herstellung und dem illegalen Besitz von privat hergestellten Schusswaffen […] nicht explizit harmonisiert“ sei.
2. Illegaler Umbau von Signal- und Schreckschusswaffen
Ein weiterer Themenkomplex ist der illegale Umbau von Alarm- und Signalwaffen. Die Ratsdokumente verweisen auf eine angeblich zunehmende Bedrohungslage: „Die Bedrohung durch den illegalen Umbau von Alarm- und Signalwaffen in voll funktionsfähige Schusswaffen […] nimmt weiter zu.“ Diese Waffen würden über verschiedene Kanäle in Umlauf gebracht, unter anderem „den legalen Verkauf umbaubarer Alarm- und Signalwaffen“, den „Handel im Darknet“ sowie über „illegale Werkstätten, […] einschließlich solcher, die 3D-Druck verwenden“.
Die EU sieht hierbei ein grenzüberschreitendes Problem und spricht sich für eine stärkere Harmonisierung der Rechtsvorschriften sowie für verstärkte operative Zusammenarbeit aus. Auch die Beteiligung an Initiativen wie der EMPACT-Operation ("European Multidisciplinary Platform Against Criminal Threats" von EUROPOL) „Conversus“ wird empfohlen, um „Hersteller, Importeure und Einzelhändler zu identifizieren, die den EU-Markt mit Modellen beliefern, die zu tödlichen Waffen umgebaut werden können“.
3. Pyrotechnik

Neben Schusswaffen nimmt der Entwurf auch pyrotechnische Artikel in den Blick. In dem Dokument wird betont: „Der unerlaubte Einsatz pyrotechnischer Gegenstände stellt eine wachsende Bedrohung für die öffentliche Sicherheit, die Gesundheit von Mensch und Tier sowie die öffentliche Ordnung dar.“ Dabei verweist der Rat auf Einsätze von Feuerwerkskörpern bei Angriffen auf Geldautomaten, zur Herstellung improvisierter Spreng- oder Brandvorrichtungen sowie auf „Gewalttaten gegen Sicherheitspersonal, Strafverfolgungsbehörden, Rettungsdienste […] und die Bevölkerung“.
Gefordert wird unter anderem eine verstärkte Überwachung des Online-Handels, die Prüfung von Verkaufsbeschränkungen sowie die Harmonisierung der Produktklassifizierung. Der Entwurf nennt auch die Möglichkeit, die Klasse F1 strenger zu regulieren sowie auf den anderen Seite, den „maximalen Nettoexplosivstoffgehalt in pyrotechnischen Gegenständen mit der höchsten Risikostufe (F3 und F4)“ zu begrenzen.
4. Datenqualität und Informationssysteme
Ein technischer Punkt betrifft die Qualität der Daten, die in das Schengen-Informationssystem (SIS) eingegeben werden. Die Ratsdokumente weisen auf zahlreiche Mängel hin, darunter „fehlende eindeutige Seriennummern, inkonsistente Benennung der Waffenhersteller, fehlerhafte Datenformatierung“. Um dem entgegenzuwirken, schlägt der Entwurf vor, „einheitliche Standards für die Dateneingabe“ in nationalen Datenbanken einzuführen und bestehende Systeme wie das Interpol-System iARMS besser zu nutzen. Zudem wird angeregt, bestimmte Prozesse zu automatisieren, etwa „systematische Benachrichtigungen über das bevorstehende Ablaufen von Ausschreibungen“, um vorzeitige Löschungen von Fahndungsdaten zu vermeiden.

Bundeskanzler Friedrich Merz kündigt auf Bundesjägertag 2025 eine Überprüfung des Waffenrechts an
Am 21. und 22. Juni 2025 fand in Bonn der Bundesjägertag des Deutschen Jagdverbands (DJV) statt. Mit einer Videobotschaft richtete sich dort auch Bundeskanzler Merz an die 400 Delegierten. Denen versprach er: "In dieser Bundesregierung stoßen Sie mit Ihren Anliegen auf offene Ohren". Dabei ging der Kanzler auch auf das Waffenrecht ein: Er kündigte an, dass die "Bundesregierung das Waffenrecht überprüfen werde, um es zielgenauer, anwenderfreundlicher und vor allem weniger bürokratisch zu machen.", so der DJV in seiner Pressemitteilung. Bereits im Koalitionsvertrag hatten CDU/CSU und SPD vereinbart: "Wir bekämpfen illegalen Waffenbesitz und evaluieren unter Einbeziehung aller Betroffenen und Experten das Waffenrecht umfassend und entwickeln es bis 2026 fort, unter den Maßgaben,
- es praxisorientierter und anwenderfreundlicher zu machen und die Verhältnismäßigkeit zu wahren,
- die Verfahren effektiver und digitaler zu machen und die Dauer wesentlich zu reduzieren und
- noch zuverlässiger sicherzustellen, dass insbesondere Extremisten oder Menschen mit ernsthaften psychischen Erkrankungen nicht legal Waffen besitzen."
all4shooters.com-Kurzkommentar: Das können Waffenbesitzer erwarten
Zwei Themen, die aber inhaltlich in unterschiedliche Richtungen gehen. Die EU verfolgt zwar stellenweise die richtige Intention, den Kampf gegen illegale Waffen. Allerdings vor allem durch mehr Regulierung im "Klein-Klein". Der Bundesregierung hingegen könnte mit einer richtigen Umsetzung der vom Kanzler angekündigten und im Koalitionsvertrag niedergelegten Maßnahmen ein großer Wurf gelingen. Die Voraussetzungen dafür: Sich von der seit mindestens 20 Jahren im Waffengesetz vorherrschenden Mikroregulierung verabschieden. Und dadurch ein einfaches, verständliches und damit vor allem umsetzbares Gesetz auf die Beine stellen. Zwei von zig konkreten Beispielen: Das "Kontingentsystem" im Waffengesetz. Die Überprüfung, ob ein Sportschütze gesetzeskonform an genügend Wettkämpfen für eine dritte Kurzwaffe teilnimmt, erfordert unfassbar viel Zeit und Ressourcen. Der Impact für die innere Sicherheit dieser Überprüfungen: Null. Ob ein ohnehin bis ins Detail überprüfter Sportschütze zwei oder drei Kurzwaffen besitzt, spielt überhaupt keine Rolle. Ein weiteres Thema: Digitalisierung. Warum gibt es noch WBKs in "Lappenform"? In manchen Amtsstuben sollen die dem Vernehmen nach sogar noch in Schreibmaschinen gespannt werden. Wieso die doppelte Meldung von erworbenen Waffen? Einmal durch den Händler und dann nochmal durch den Erwerber. Am Ende steht der Datensatz ohnehin im Nationalen Waffenregister (NWR).
Genug zutun gäbe es also für die Koalition. Letztlich wird die Frage sein, ob man sich den großen Wurf zutraut und damit den Behörden ermöglicht, endlich die echten Probleme anzupacken oder ob man den Kurs der letzten Jahrzehnte beibehält. Der jüngste Vorstoß des BMI spricht eher für den alten Kurs, aber warten wir es ab.