Verändert Schießen den Lifestyle?

"Einer sagte, dass er zuvor in seinem Leben Party gemacht hat, ohne Rücksicht auf Verluste, politisch mal zu extrem links, mal zu extrem rechts tendierte. Erst als er das Schießen anfing, machte ihn das neue Hobby zu einem abstinenten Menschen, der sich gesund ernährt, seinen Körper trainiert und politisch liberal wurde".

Nun gibt es „den Schützen“ genauso wenig wie „den Tennisspieler“ oder „den Biker“ - es sind keine homogenen Gruppen.

Auch wenn es in der Presse gerne so hingestellt wird, als gäbe es nur eine vorgestrige Trachtenjacken tragende Fraktion und finstere Wochenendterroristen mit bösen schwarzen Gewehren, so stellen die Schützen tatsächlich einen Querschnitt der Gesellschaft dar.

Als ich mit dem Schießen begann, wunderte ich mich bei den Gesprächen mit anderen Vereinsmitgliedern, dass die Haltung der politischen Parteien zu Waffenbesitz deren Stimmenabgabe beeinflusste: gab es denn politisch gesehen nichts Wichtigeres als das Thema Waffenrecht? War das Hobby wirklich so wichtig? Ist es denn nicht „nur ein Hobby“, das man beliebig verändern kann? Aber im Laufe der Zeit merkte ich, dass es eben nicht nur so ein Hobby, genauer gesagt eine Sportart war, wie, sagen wir mal, ein wöchentlicher Pilates-Kurs.

Es gibt natürlich auch andere Sportarten (oder Hobbys allgemein), die einen gewissen „Lifestyle“ mit sich bringen:

Verändert Schießen den Lifestyle?
Miss Kansas, Theresa Vail, als Botschafterin für den positiven Umgang mit Waffen in den USA - ein gutes Beispiel auch für uns (Foto: Franchi)

Skateboarder beispielsweise haben regelrecht eine eigene Subkultur. Auch Kampfsportler, Fitnessjünger oder Läufer (nur um ein paar Beispiele zu nennen) gehen oft nicht einfach zum Sport, sondern beschäftigen sich mit ihrer Ernährung, rauchen nicht, trinken nur mäßig, beschäftigen sich mit fernöstlicher Philosophie oder Trainingsplänen. Und doch ist es beim Schießen noch mal anders.

Auch wenn es Menschen gibt, die mit Skaten, Laufen oder Fitness nichts anfangen können, so gibt es doch kaum einen, der mit Argwohn, Angst, Unsicherheit bis hin zu unverhohlenem Hass auf diese Menschen schaut und deswegen diese Sportarten, Hobbys verbieten möchte. Genau das aber widerfährt den Schützen.

Aufgrund einiger weniger Aufsehen erregender so genannter „Amokläufe“ und der ein oder anderen Beziehungstat, wo eine legal besessene Sportwaffe das Tatmittel war, werden alle Sportschützen oft pauschal als „mordlüstern“ und „tötungswillig“ hingestellt, Schießen wurde gar als Einstiegsdroge zum Töten gesehen. Ich will hier nicht auf Statistiken eingehen, aber nur so viel: legal, illegal, polizeilicher Waffengebrauch und Selbstmord wird hier meist munter zu einem unbekömmlichen Allerlei verrührt, Hauptsache die Zahl der Schusswaffenopfer ist schön hoch und somit erschreckend und empörend.

Mein Punkt ist der: Sportschützen kennen diese Allgemeinplätze zur Genüge.

Viele Gruppen kennen solche Vorurteile, die ihnen reflexartig entgegengebracht werden, sobald das Thema darauf zu sprechen kommt. Aber kaum eine Gruppe - außer die Jäger vielleicht, auch Waffenträger, die vom gängigen Zeitgeist-Mainstream extrem unter Beschuss sind - bekommt so viel Negativ-Feedback wie die Schützen. Um es noch mal zu erwähnen: wir reden hier nicht von irgendwelchen Verbrechern, sondern von Menschen, die zum Spaß, zur Konzentration und körperlichen Ertüchtigung kleine Löcher in Pappscheiben oder ähnliche Ziele stanzen! Wie reagiert man darauf? Was sind die Folgen? Nun, zunächst einmal beginnt es im Gehirn zu arbeiten. 

Um sich argumentativ zur Wehr zu setzen gegen diese Vorwürfe, beschäftigen sich viele mit Argumenten, Statistiken und Studien.

Mit dem Waffengesetz und der Politik im Allgemeinen. Und mit den USA, dem Eldorado des legalen Waffenbesitzes bzw. dem Kampf gegen Verschärfungen, allen voran die Aktivitäten der NRA. Dabei machen so einige eine erstaunliche geistige und/oder politische Entwicklung durch.

Was der Gruppe der legalen Waffenbesitzer widerfährt, zeigt die Mechanismen auf, mit der die Politik arbeitet. Mit der Gruppen und Minderheiten unterdrückt werden, gerade auch durch einseitige Berichterstattung in den Medien. Was passiert, wenn die Freiheit dem Menschen scheibchenweise immer mehr genommen wird. Bei so einigen führt all das dazu, dass sie eine sehr freiheitliche Sichtweise bekommen, eine libertär zu nennende Einstellung.

Als Zugehörige zu einer von Politik, Medien und “Gutmenschen” geprügelten Gruppe wissen sie, wie es ist diskriminiert zu werden und bemühen sich darum, andere nicht zu diskriminieren oder unter Generalverdacht zu stellen. Libertär zu sein bedeutet, den Menschen so viel Freiheit wie möglich zu lassen. Auch wenn Entscheidungen falsch sein sollten, so ist jeder selbst für sein Tun verantwortlich und niemand hat ihn von höherer Stelle aus zu bemuttern.

„Du willst etwas nicht? Dann habe/mach es nicht, aber zwinge nicht alle anderen deine Meinung auf. Du magst keine Waffen? Dann kauf keine, aber zwinge nicht alle anderen dazu, auch keine zu haben, indem Du es verbietest“.

Ein Spruch, der die libertäre Haltung gut in einem Satz kondensiert ist der: „Libertäre sind dafür, dass schwarze homosexuelle Ehepaare ihre Hanfplantage mit ihren eigenen Waffen verteidigen dürfen.“ Noch Fragen?

Fraglich ist natürlich, ob den Regierenden solch kritisch gewordene Geister, die nun so vieles, was in der Politik läuft, hinterfragen, die sich allgemein für mehr Freiheit und Bürgerrechte einsetzen, recht sein können. Unter diesem Gesichtspunkt wäre es für die Regierenden vielleicht sinnvoller gewesen, ein relativ liberales Waffenrecht (wie vor 1972) belassen zu haben. Dann wären viele, die einfach nur ein paar Waffen haben, Schießen und Spaß haben wollen, gar nie auf die Idee gekommen, ihr Hobby mit einer politischen Agenda zu verbinden.

„Ich persönlich sehe allein schon darin einen sehr guten Grund, warum meine Entscheidung, mit dem Schießen zu beginnen, richtig war“

Und ich habe über die schießende Gemeinschaft einige Leute kennen gelernt, mit denen mich mehr als nur ein Sport, ein Hobby verbindet.

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