Die Bedeutung der Lauflängen bei Gewehren

Betrachten wir die Jagdbüchsen unserer Großväter, so finden wir selbst bei den Mittelkalibern regelmäßig Lauflängen von 600 Millimetern und deutlich mehr. Nennenswert kürzere Läufe findet man in den Jahrzehnten vor dem Zweiten Weltkrieg sowie in den ersten Nachkriegsjahrzehnten fast ausnahmslos an den ganzgeschäfteten Stutzen. 

Seit einigen Jahren geht nun der Trend im jagdlichen Alltag eindeutig hin zu kürzeren Büchsenläufen. So bieten die meisten der Großserienhersteller – von Zylinderverschlussbüchsen in den Mittelkalibern bis hin zur .30-06 Springfield – ihre Jagdrepetierer standardmäßig mit Lauflängen unter der Marke von 600 Millimetern an. Die Kundschaft verlangt neben dieser gleich aus mehreren Gründen nach Lösungen. Da wird nicht nur für die Drückjagden eine führige Büchse gesucht, vielmehr sind es die im Revieralltag üblichen engen Jagdkanzeln, die jeden Zentimeter an Waffenlänge nachteilig spüren lassen. 

Bei der Entscheidung für eine führige Jagdbüchse mit relativ kurzem Lauf stellt sich natürlich zwangsläufig die Frage nach der Höhe des Leistungsverlustes und den daraus resultierenden Folgen. Das lässt sich nicht generell mit einer festen Formel beantworten. Dazu sind es zu viele Parameter, die für die Geschossgeschwindigkeit von Bedeutung sind. Hülsengeometrie, Kaliber, Hülsenvolumen, Geschosstyp, Geschossmaterial und Abbrandverhalten des Treibladungspulvers sind die wichtigsten Faktoren auf der Patronenseite. 

Aber auch das Laufinnenprofil sowie die Anzahl der Züge haben Einfluss. So ist es in der Praxis nicht einfach, objektive Daten für das Zusammenspiel von Lauflänge und ballistischer Leistung zu ermitteln. Nimmt man zwei Büchsen gleichen Kalibers, jedoch unterschiedlicher Lauflänge, so wird man aufgrund der Laufinnenabmessungen selbst bei gleicher Patronenlaborierung keine objektive, verallgemeinerbare Aussage über den Leistungsverlust bei kürzerem Lauf erhalten. Die einzige Methode – und auch dabei kann das Ergebnis nur für diese Waffen-Patronen-Kombination gelten – ist, den Lauf einer Waffe in kleinen Schritten zu kürzen. 

Solche Versuche haben in der Praxis gezeigt, dass bei Mittelkalibern, wie sie überwiegend in unseren heimischen Revieren bei der Jagd auf Schalenwild anzutreffen sind, Laufkürzungen in begrenztem Umfang die Praxistauglichkeit nicht beeinträchtigen. 


Die Lauflänge und die Parameter der Patrone stehen in unmittelbarem Zusammenhang und müssen aufeinander abgestimmt sein. 


Lauflängen:
Die Remington 700 Long Range kommt mit 26 Zoll langem Lauf

Selbst bei Standardbüchsenkalibern mit Hülsenlängen im Bereich von 60 bis 65 Millimetern, wie beispielsweise 7 x 64, 7 x 65 R und .30-06 Springfield, liegen zwischen der Lauflänge von 660 Millimeter und 510 Millimeter im Regelfall Geschwindigkeitsdifferenzen von 30 m/s bis etwa 50 m/s, wobei das Abbrandverhalten der verwendeten Treibladung von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Selbst die Magnumpatronen in den Abmessungen von .300 Winchester Magnum und 7 mm Remington Magnum haben bei der genannten Laufdifferenz kaum mehr als 50 m/s an Leistungsverlust. 

Ähnliches gilt für die modernen Short Magnums, wie beispielsweise .300 WSM. Angesichts der üblichen Jagdentfernungen von unter 200 Metern, in vielen Revieren unter 100 Metern, ist dieser Leistungsverlust zu verschmerzen. Die zielballistische Wirkung wird dadurch in der Praxis kaum beeinträchtigt. Speziell beim Schuss auf Rehwild auf kurze und mittlere Distanzen können ein paar Metersekunden weniger an Geschossgeschwindigkeit im Hinblick auf die Hämatombildung sogar von Vorteil sein. Ob ein .30er-Büchsengeschoss mit einem Gewicht von 11,7 Gramm bei der Drückjagd ein Stück Schwarzwild mit 760 m/s oder "nur" 720 m/s trifft, wird am jagdlichen Erfolg kaum etwas ausmachen. Die Geschosskonstruktion ist da in der Praxis von weitaus größerer Bedeutung. 

Etwas anders wird die Sache mit Hochleistungspatronen. Diese werden mit den progressivsten Treibladungspulvern versorgt und haben überdimensionale Hülsenvolumen. Wer sich für eine .300 RUM, eine .30-378 Weatherby Magnum oder eine .338 Lapua Magnum entscheidet, will Leistung. Diese Leistung ist nur mit langen Läufen zu erreichen, da sonst ein nahezu vollständiger Abbrand der Treibladung im Lauf nicht zu erreichen ist. Mit den genannten Patronen sind 650 Millimeter lange Läufe aus der Praxissicht die untere Grenze. Ideallängen liegen im Bereich von 700 bis 750 Millimetern. 

Neben dem deutlichen Leistungsverlust geht bei diesen mit progressiven Pulvern versorgten Patronen auch ein extremes Mündungsfeuer bei kürzeren Läufen einher. Dies wird zwar auch bei den aus Leistungssicht vertretbaren Laufkürzungen bei den Standardpatronen auftreten, jedoch im Regelfall in akzeptablem Umfang. Ferner kann der Wiederlader dieses Problem durch die Wahl des Treibladungspulvers in Grenzen steuern. Mit kurzen, mit mittelschnellen Pulvern versorgten Patronen, wie beispielsweise der .308 Winchester, ergeben sich da bis zu Laufkürzungen auf 470 mm kaum Probleme.

Zum Kompromiss bei der Lauflänge kommt sogar noch der Vorteil, dass kurze Läufe bei gleichem Außendurchmesser schwingungsstabiler sind als längere Läufe. Bekanntlich ist aus Sicht der Präzision der kurze dicke Lauf die bessere Option gegenüber einem langen dünnen Lauf. 

Um die Laufschwingungen in für die Präzision günstigen Grenzen zu halten, sollte mit einem langen Lauf auch eine stärkere Außenkontur einhergehen. Beide Faktoren führen zu mehr Waffengewicht. 

Bei den Hochleistungspatronen genügt es in der Praxis also nicht, nur einen langen Lauf zur bestmöglichen Umsetzung der Treibladung in Leistung zu wählen, sondern auch der Außendurchmesser muss entsprechend stark gewählt werden. Nur so kann der von Schuss zu Schuss etwas unterschiedliche Ausschlag der Laufmündung in praxisgerechten Grenzen gehalten werden.

Im Beratungsgespräch mit den Kunden ist daher zwingend Klartext notwendig. Wer eine Hochleistungspatrone in seiner Jagdbüchse haben will, muss die Führigkeit opfern und deutlich mehr an Gewicht schleppen als bei Standardpatronen der gleichen Kalibergruppe. Ein Beispiel: Ein Jagdrepetierer in .30-06 Springfield mit 550 Millimeter langem Lauf bei einem Waffengewicht von etwa 3,2 Kilogramm ist praxisgerecht. Für eine .300 RUM-Büchse geht das nicht unter 660 mm Lauflänge ab und will man auch noch die entsprechende, gerade bei weiten Schüssen in besonders hohem Maße erforderliche Präzision, so sollte der Lauf an der Mündung im Außendurchmesser nicht unter 19 Millimeter liegen. 

Diese unumstößlichen Gesetzmäßigkeiten führen dazu, dass Präzisionsschützen möglichst starke Laufkonturen wählen. Bei den Benchrest-Wettbewerben sind daher die Mindestlauflänge und die maximale Außenkontur im Regelwerk festgelegt. Wer über die 300-Meter-Marke hinaus sportlich schießen will, kommt auch um die für eine hohe Leistung bestmögliche Lauflänge nicht herum. Ein typisches Beispiel für eine Einsteigerwaffe in diesem Marktsegment ist die im Vorjahr von Remington vorgestellte Remington 700 Long Range, die bei einem 660 Millimeter langen Lauf auch einen Außendurchmesser an der Laufmündung von 21 Millimeter aufweist. Ein Waffengewicht von 4,28 Kilogramm ist trotz leichten Kunststoffschafts die zwangsläufige Folge und verbannt diesen Waffentyp hierzulande primär auf die Schießstände. 

Wissen muss man weiter, dass das Spiel mit der Laufkürzung nach unten selbst bei den kleinen Büchsenpatronen aufgrund der Innenballistik natürlich seine Grenzen hat. So muss man bei einer .223 Remington bei einer Laufkürzung von 650 Millimeter auf 250 Millimeter je nach Laborierung mit einem Leistungsabfall bei der Anfangsgeschwindigkeit des Geschosses von 200 bis 250 Metersekunden rechnen. Man sieht daran, dass die Laufkürzungen aus der Praxissicht nur in gewissen Grenzen machbar sind.


Hinweise:

Mehr Informationen zu verschiedenen Remington 700er Modellen finden Sie unter www.remington.com  

Importeur für Remington in Deutschland:


Helmut Hofmann GmbH

Scheinbergweg 6 - 8
D-97638 Mellrichstadt
Tel. 09776 606 - 0
Fax 09776 606 - 21

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