Wärmebildgeräte haben in den letzten Jahren unter Jägern zunehmend an Popularität gewonnen und sind für viele zu einem Muss und einer Art "Heiliger Gral" der Jagdoptik geworden. Während in einigen europäischen Ländern die Jagd mit sogenannten thermalen Nachtzielgeräten, also optronischen Wärmebildgeräten mit einem integrierten Absehen zum Anvisieren des Zieles, bereits dem Jäger gesetzlich zugestanden wird, sind diese in Deutschland (noch) verboten. Der teutonische Waidmann muss sich seitens des Gesetzgebers bislang mit sogenannten Dual-Use-Geräten begnügen. In diesem Falle sind das Wärmebildvorsatzgeräte, die an ein auf der Waffe vorhandenes Zielfernrohr per Adapter angebracht werden (Clip-on-Geräte) oder alternativ dazu auch als eigenständiges Beobachtungsgerät aus der Hand genutzt werden können, eben eine zweifache Verwendungsmöglichkeit (Englisch: dual use) besitzen. Aber: Nicht zuletzt angesichts der sich ausbreiten Afrikanischen Schweinepest ist aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung aktuell die Diskussion um die Freigabe von Nachtzielgeräten in Deutschland neu entbrannt. Wir haben hier auf all4hunters über die Initiative des Landes Hessen, Nachsichttechnik für Jäger zu legalisieren berichtet. Aus diesem Grund möchten wir nun auch einen Blick auf die Vor- und Nachteile sowohl der Nachtziel- als auch der Dual-Use-Technik werfen. Dabei werden wir allerdings nicht dezidiert alles wiederholen, was wir bereits zur Wärmebildtechnik an sich hier auf all4hunters geschrieben haben, sondern beispielhaft anhand von zwei Geräten, die sich bereits international am Markt etabliert haben, die Pros und Kontras herausarbeiten.

Wärmebild-Zielgerät oder Wärmebild-Vorsatzgerät? Die Pros und Kontras beider Gerätearten
Im Bereich der Zieloptik haben sich wie erwähnt zwei Arten von Wärmebildgeräten etabliert: das eigentliche und eigenständige Wärmebild-Zielfernrohr, auch international auch TWS genannt (aus der militärischen Terminologie für Thermal Weapon Sight), und das Wärmebild-Clip-On-Gerät auch TCS (Thermal Clip-On Sight) genannt, das als Vorsatzgerät vor einem herkömmlichen Tagzielfernrohr verwendet wird.
Schauen wir uns die Vor- und Nachteile anhand von zwei Geräten an, die für jede Optikkategorie repräsentativ sind, dem Thunder 3.0 und dem Stellar 3.0 von HIKMICRO. Das Thunder ist ein Clip-on, während es sich beim Stellar um ein Thermal-Zielfernrohr ist.


Vor- und Nachteile von Wärmebild-Clip-On-Geräten am Beispiel des HIKMICRO Thunder
Auf den ersten Blick bietet das Thunder maximale Flexibilität: Ein Jagdgewehr, das bereits mit einem korrekt montierten und justierten Tagzielfernrohr mit variabler Vergrößerung ausgestattet ist, wie etwa dem NZ8 Inception von Noblex, dass wir für unseren Praxis-Check auf eine SL-Büches des Typs Argo von Benelli montiert haben, ermöglicht es, rund um die Uhr zu jagen. Dabei kann man je nach den Erfordernissen der Jagdbedingungen die optoelektronische Wärmebildtechnik oder die rein optische Zielfernrohrtechnik zu nutzen, ohne die Justierung des Zielfernrohrs verändern zu müssen.

Darüber hinaus kann das Vorsatzgerät in der Regel auch ohne, aber besser mittels mitgeliefertem oder optionalem Okular auch als handgehaltenes Beobachtungsgerät verwendet werden, wenn es nicht montiert ist. Dies ermöglicht die Beobachtung des Vorfelds mit Wärmebildtechnik, ohne dass die Büchse auf den zu beobachtenden Bereich gerichtet werden muss − ein eindeutiger Sicherheitsvorteil.

Allerdings ist der variable Vergrößerungsbereich bei den meisten Tagzielfernrohren inzwischen recht hoch − in unserem Fall, dem vorliegenden NZ8, reicht er von 2,5- bis 20-fach. Das bedeutet aber beim Einsatz eines Vorsatzgerätes: um zu vermeiden, dass die Auflösung des Thermalgerätes darunter leidet, darf die Vergrößerung der Tagoptik nicht allzu hoch gewählt werden. Das liegt daran, dass wir mit dem Tagzielfernrohr auf ein OLED-Display im Clip-On blicken, sprich einen relativ kleinen Bildschirm dessen Pixelzahl allein schon durch die mögliche Größe begrenzt ist, und je näher wir heranzoomen, desto größer werden auch die einzelnen Pixel und umso geringer die Auflösung.
Bei der Sensorauflösung von 640x480 des Thunder 3.0 hat sich in unseren Praxistest ein Zoomfaktor von 2,5-fach bis maximal 8-fach als praktikabel und als Grenzbereich für die optimale Leistung einer Clip-On/Zielfernrohr-Kombi erwiesen.
Die optische Gesamtqualität kann auch eine Herausforderung sein, denn so gut das Zielfernrohr bei Tag auch sein mag − und das Noblex-Glas in unserem Beispiel ist hier kein schlechtes − bringt eine solche Tageslichtoptik durch seine Linsen auch eine ganze Menge an Glas zwischen das interne OLED-Wärmebilddisplay und das Auge des Betrachters, was ja auch Einfluss die Auflösung hat und bei optisch nicht so leistungsstarken Linsen eben zu größeren Abstrichen führt.


Ein weiterer Nachteil liegt darin begründet, dass ein Clip-on vorn an der Objektivglocke des Tageslichtzielfernrohrs montiert werden muss, die Zieloptik dadurch insgesamt länger und auch schwerer wird und somit auch die Waffe auch mündungslastiger wird. Die Schnittstelle am Zielfernohr wird hier außerdem zum neuralgischen Punkt, sofern der Hersteller nicht − wie viele Markenhersteller es inzwischen machen − das Material im Bereich des Objektivgehäuses verstärkt. Daher sollte der Jäger beim Kauf eines Zielfernrohres, das er zusammen mit eine Vorsatzgerät nutzen möchte, darauf achten, dass das Objektiv seines neuen Zielfernrohres auch in dieser Hinsicht dafür geeignet ist.

Vor- und Nachteile von Wärmebildzielfernrohren am Beispiel des HIKMICRO Stellar 3.0
Auf der anderen Seite ermöglicht eine spezielle Wärmebild-Zieloptik − wie etwa das hier gezeigte HIKMICRO Stellar − die höhere Genauigkeit und größer Einsatzreichweite aufgrund der viel höheren Sensorauflösung, die eigenständige, spezielle Wärmebild-Zielfernrohre (TWS) bei den Spitzenmodellen in der Regel bieten können. In diesem Fall bietet das Stellar 1280x1024 gegenüber 640x480 px beim Thunder und damit eine viel höhere nutzbare Vergrößerung − das Stellar bietet buchstäblich die doppelte Vergrößerung bei scheinbar gleicher Auflösung. Und, wie bereits erwähnt, bieten dedizierte TWS die beste optische Gesamtleistung, da sie nicht auf externe Zusatzoptiken angewiesen sind und hier speziell darauf optimierte Okulare verwenden, um (meist) das gleiche interne OLED-Display zu beobachten, wie es auch in einem Clip-On-Modell verbaut ist.

Die meisten Wärmebild-Zielfernrohre ähneln heute in Ergonomie, Aussehen und Benutzerfreundlichkeit den klassischen Tagzielfernrohren und verfügen über die gleichen Schnittstellen für die Rohrmontage, sodass ein TWS wie beispielweise das Stellar mit 30-mm-Ringen auf der heute meist vorhandenen Picatinny-Schiene oder freilich auch mit anderen Montagesystemen, die mit Ringen arbeiten, an der Jagdwaffe montiert werden kann. Oft sind die Abmessungen und das Gewicht der Thermal-Zielegeräte dabei nicht einmal größer oder höher als bei in den Dimensionen vergleichbaren Tagzielfernrohren.

Zu den Nachteilen zählt natürlich vor allem die Tatsache, dass man mit einem speziell für die Nacht konzipierten Wärmebildzielfernrohr nicht bei Tageslicht jagen kann und man daher ein zweites Gewehr für diesen Zweck benötigt, weil der Wechsel zu einer Tageslichtoptik auf demselben Gewehr im Revier weder einfach noch praktisch oder schnell möglich ist. Hinzu kommt die eingeschränkte Flexibilität, da das Thermal-Zielfernrohr nicht ohne weiteres als handgehaltenes Beobachtungsgerät verwendet werden kann.
Was ist jetzt besser: Wärmebild-Clip-On oder Thermalzielfernrohr?
Die Frage läuft also darauf hinaus, ob Sie sich nun für die "Alleskönner-Kombination" aus einem Tagelichtzielfernrohr für die Tagjagd und einem Vorsatzgerät für die Nachtjagd mit der Option, diese auch als handgehaltenes Beobachtungsgerät einzusetzen, oder für eine spezielles Wärmebild- Nachtzielfernohr mit besserer Auflösung und größerer Reichweite entscheiden sollen.

Nun diese Frage lässt sich in beiden Fällen nicht klar mit "ja" und "nein" beantworten − zum einen hängt dies auch von Ihrem Jagdstil und der Art der Jagd, die Sie ausüben möchten, ab. Und zum anderen es gibt auch den rechtliche Gesichtspunkte, die es hier im Zusammenhang mit der rechtmäßigen Verwendung von Nachtsichtgeräten oder elektronisch verstärkten Optiken an Schusswaffen zu beachten gilt. Und in dieser Hinsicht gibt es in der EU keine einheitliche Regelung für den Einsatz von Wärmebildgeräten. In Deutschland beispielsweise ist die Verwendung von Wärmebild- und Nachtsichtgeräten in der Hand zwar generell erlaubt, aber die Verwendung und sogar der Besitz eines auf eine Waffe montierbaren Wärmebildzielfernrohrs ist für den Jäger derzeit noch strengstens verboten.

Hier noch weitere Beispiele aus EU-Ländern: In Rumänien sind weder Nachtsichtgeräte noch Wärmebildgeräte gesetzlich erlaubt. In Italien sind sowohl Zielfernrohre als auch Clip-Ons erlaubt, aber es gibt ein sehr strenges Jagdgesetz, das die genauen Zeiten regelt, in denen die Jagd damit erlaubt ist. In einigen Ländern ist die Verwendung von Wärmebild-Zielfernrohren, Clip-On-Geräten oder beidem zwar legal, aber möglicherweise auf bestimmte Wildarten oder Jagdarten beschränkt. Wenn Sie also in oder durch andere EU-Länder reisen, um die Jagdsaison im Ausland zu genießen, sollten Sie als in Deutschland beheimateter Jäger nicht einfach Ihr Clip-On- oder Handgerät mitnehmen, sondern sich zuvor genau über die örtlichen Gesetze und Einfuhrbestimmungen informieren!
Wenn Sie mehr zu diesem Thema wissen möchten, schauen Sie regelmäßig hier auf all4hunters.com rein − wir bleiben für Sie am Ball und halten Sie auf dem Laufenden!
Weitere Informationen zu den Wärmebildgeräten Thunder 3.0 und Stellar 3.0 und anderen Modellen des Herstellers erhalten Sie dieser HIKMICRO-Webseite.