Waffenrecht: Bündnisgrüne Verbotsfantasien − Entwurf zum Grundsatzprogramm

Bündnis 90/Die Grünen sind seit jeher keine besonderen Freunde von Sportschützen und des privaten Waffenbesitzes insgesamt  –  so weit, so bekannt. Aktuell tüftelt die Partei allerdings an einem neuen Grundsatzprogramm und hier beabsichtigen sie anscheinend, noch ein ganzes Stück weiter als bisher in die Verbotskiste zu greifen. Denn in dem am 26. Juni 2020 vom Bundesvorstand der Partei veröffentlichten Entwurf mit dem Namen "zu achten und zu schützen..."  –  Veränderung schafft Halt heißt es unter Punkt  248: "Die öffentliche Sicherheit und den Schutz vor Gewalt zu gewährleisten, gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Rechtsstaates. Jede*r hat das Recht auf ein Leben frei von Gewalt. Das Gewaltmonopol liegt beim Staat. Dies ernst zu nehmen bedeutet, ein Ende des privaten Besitzes von tödlichen Schusswaffen mit Ausnahme Jäger*innen und Förster*innen sowie illegalen Waffenbesitz stärker zu kontrollieren und zu ahnden". Das ist mal eine Ansage, bei der es sich lohnt, jeden Satz der Forderung zu beleuchten.

Der Verbotsentwurf der Grünen im Detail:

Im ersten Satz weist der Entwurf darauf hin, dass die öffentliche Sicherheit und der Schutz vor Gewalt eine der wichtigsten Aufgaben des Rechtsstaates sei. Ein Hinweis, mit dem vermutlich die Mehrheit der Bundesbürger  – inklusive des Autors – d’accord gehen werden. Doch hier muss man schon einhaken: Die öffentliche Sicherheit und den Schutz vor Gewalt gewährleistet der Staat in erster Linie durch die Polizei. Und die Unterstützung und Wertschätzung der Polizeibeamten gehört traditionell nun nicht zum Kerngeschäft der Grünen. Jüngstes Beispiel: Das sogenannte Antidiskriminierungsgesetz in Berlin, massiv vorangetrieben durch einen Justizsenator der Die Grünen. Dieses Gesetz enthält eine Form von Beweislastumkehr zugunsten des Beschwerdeführers, wenn er sich von einem Polizisten diskriminiert fühlt. Das ist rechtsstaatlich höchst bedenklich und spricht nicht für ein Grundvertrauen der Grünen in die deutsche Polizei  –  im Gegenteil. Ob so etwas dann tatsächlich dazu geeignet ist, Diskriminierung im Alltag entgegenzuwirken, ist ebenfalls sehr fraglich.

Im nächsten Satz merkt der Entwurf an, jeder habe das Recht auf ein Leben ohne Gewalt. Auch dieser Satz ist vom Prinzip her gut und richtig. Einmal hat der Staat hier selbstredend eine Schutzpflicht gegenüber allen Menschen. Diese erfüllt er in allererster Linie wieder durch die Polizei, dazu siehe oben. Ein weiteres Problem ist dabei jedoch die Tatsache, dass es Menschen gibt, die dieses Recht auf Gewaltfreiheit partout nicht akzeptieren wollen. Und das sind im Kern Kriminelle, Menschen, denen oft sogar von Berufs wegen her das Gesetz völlig egal ist. Wieso die sich dann an ein komplettes Waffenverbot halten sollen, sagen die Bündnisgrünen nicht. Bis hierher bleibt der Text allerdings völlig schleierhaft, was dies alles mit legalem Waffenbesitz zu tun haben soll.

Gewaltmonopol und Waffen: Ein Missverständnis

Den Zusammenhang stellt der Bundesvorstand von B90/Die Grünen erst in den nächsten eineinhalb Sätzen her und tut damit sehr deutlich eines der vermutlich größten Missverständnisse ihrerseits betreffend den legalen Waffenbesitz auf: Sie betonen das Gewaltmonopol des Staates und begründen damit die Forderung nach einem Komplettverbot. Der Begriff des Gewaltmonopols ist dabei schon als solcher problematisch, denn er kann mehrere Bedeutungen haben. Er kann, so sehr verkürzt erklärt, bedeuten, dass der Staat als einziger Akteur Gewalt ausüben darf. Das ist in Deutschland jedoch weder faktisch noch juristisch korrekt. Zudem kann damit gemeint sein, dass der Staat das Monopol hat, Gewalt zu legalisieren. In jedem Fall steht der Begriff nicht in Zusammenhang mit einem Monopol an potenziell tödlichen Gegenständen. Dann müsste mit diesem Argument ja auch jede Glasflasche verboten werden. An sich ist diese Diskussion im Zusammenhang mit legalem Waffenbesitz jedoch überflüssig: Sportschützen, Jäger, Waffensammler und alle anderen Legalwaffenbesitzer haben mit alledem nichts zu tun. Sie gehen ihrem komplett gewaltfreien Hobby nach. Nur weil sie Gegenstände für ihr Hobby benutzen, die bei falscher Anwendung töten können, rütteln sie an keiner denkbaren Stelle am Gewaltmonopol des Staates.

Notwehr und das Gewaltmonopol:

Nun könnten die Grünen einwenden, wer eine Waffe zuhause habe, würde sie eventuell auch in einer Notwehrsituation benutzen. Allerdings ist auch dieser Anwendungsfall einer legal besessenen Waffe nach Ansicht des Autors kein Durchbrechen des Gewaltmonopols des Staates. Denn der Gesetzgeber hat sich bewusst dazu entschieden, dass Private in einzelnen Fällen Gewalt anwenden dürfen. Wie etwa in Notwehrsituationen (§§32 StGB ff.) oder Selbsthilfe (§ 229 BGB). Diese Regeln lassen sich sogar als elementar für die deutsche Rechtsordnung interpretieren. Denn ohne ein Eingriffsrecht bei unmittelbarer Verletzung der eigenen Rechte, sind individuelle Rechte grundsätzlich wenig wert. Und hier schlägt sich wieder der Bogen zu dem von den Grünen postulierten Recht auf ein gewaltfreies Leben, auf das manche Menschen nun mal keinerlei Rücksicht nehmen wollen. Das hat auch mit der oft beschworenen Selbstjustiz nichts gemein. Beispiel: Niemand muss unmittelbar dulden, sich etwas gegen seinen Willen wegnehmen zu lassen. Hier darf man sich verteidigen. Meint man jedoch, dass jemand einem etwas schuldet, ist dafür die Justiz zuständig. Diese grundsätzlichen Prinzipien der Rechtsordnung sind intuitiv selbst den meisten Kindern klar. Doch nochmal: Allgemein hat das sportliche Schießen mit dem Gewaltmonopol des Staates keinerlei Berührungspunkte. Und schon gar nicht steht es im Widerspruch dazu. Sportschießen ist ein in jeder Hinsicht gewaltfreier Sport.

Ausnahmen für Jäger

Der nächste Halbsatz fügt dann der Forderung nach einem Komplettverbot von "tödlichen" Waffen eine Ausnahme hinzu: Namentlich für Jäger und Förster. Wieso diese hier separat genannt werden, lässt sich nicht nachvollziehen. Einen Bezug zum aktuellen Waffenrecht hat das jedenfalls nicht. Denn der Förster ist zumeist auch Jäger und wird dann im Waffengesetz als solcher behandelt. Ob die Grünen hier herausstellen wollen, dass sie die Ausnahmen ausschließlich auf beruflich Waidwerkende beziehen wollen, bleibt im Verborgenen. Eventuell soll es auch gewisse jagdrechtliche Forderungen der ökologischen Partei spiegeln. Oder man hat sich mit der Thematik schlicht nicht befasst und einfach "drauf los" formuliert.

Illegaler Waffenbesitz? Anscheinend unwichtig!

Zwei Schilder "Legal" und "Illegal".
Während die Grünen den legalen Waffenbesitz in den Fokus nehmen, wird der Illegale nur mit einem Halbsatz bedacht.

Legaler Waffenbesitz ist das eine − bleibt der illegale. Dem widmet sich der Entwurf abschließend nur mit einem lieblosen Halbsatz. Der solle stärker kontrolliert und geahndet werden. Stärker ahnden bedeutet hier vermutlich höhere Strafen für Verstöße gegen das Waffengesetz. Ob hohe Strafandrohungen grundsätzlich einen Beitrag zur inneren Sicherheit leisten können, ist eine Diskussion, die an dieser Stelle ausgeklammert werden soll. Was allerdings pikant ist: Wie wollen die Grünen den Waffenschwarzmarkt stärker kontrollieren? Diese Antwort bleiben sie dem Leser ihres Programmentwurfs schuldig. Während sie für alle legalen Waffenbesitzer weitreichende Einschränkungen verlangen und mit Ideen geradezu nach vorne preschen, herrschen beim Thema des illegalen Besitzes Ratlosigkeit und Stille.

Der Gesamtkontext des Programmentwurfs:

Abseits der einzelnen Forderungen muss dieser Punkt  248 auch im Gesamtkontext des Textes betrachtet werden. Und hier taucht nicht weit entfernt ein damit im Zusammenhang stehender Punkt auf. Namentlich im selben Abschnitt "Rechtsstaat und Sicherheit" unter der Nummer  253. Hier heißt es: "Unser Leitbild ist das einer faktenbasierten Kriminal- und Sicherheitspolitik, die auf Prävention, Rechtsstaat und Information setzt. Sie koordiniert Verantwortung und geht den notwendigen Umbau der Sicherheitsarchitektur an. Anlasslose Massendatenspeicherung schränkt individuelle Freiheitsrechte der Bürger*innen ein".

Aha! Man setzt also auf eine faktenbasierte Kriminal- und Sicherheitspolitik. Anscheinend zumindest dann, wenn es nicht um Waffen geht. Taucht jedoch das Wort "Waffe" auf, scheinen die ideologischen Scheuklappen auszufahren. Denn die Fakten liegen schon lange breit auf dem Tisch. Sie zeigen, dass Legalwaffenbesitz und Kriminalität kaum Berührungspunkte haben  –  all4shooters.com hat das immer wieder ausgeführt. Forderungen wie unter Punkt  248 des Programmentwurfs stützen sie eben nicht. Stattdessen ignorieren die Grünen jedoch seit Jahren gekonnt diese Erkenntnisse, um der Ideologie den Vorrang zu geben. Und so scheinen individuelle Freiheitsrechte nur dann etwas wert zu sein, wenn es nicht um den Schießsport und Legalwaffenbesitz geht. Da drängt sich schon die Frage auf, warum die Freiheit in Bezug auf die Gestaltung der persönlichen Freizeit und der Nutzung persönlichen Eigentums nichts zählt. Die Grünen wollen allem Anschein nach definieren, was ihnen genehme Freiheit ist und was nicht. So kann Freiheit nur leider nicht funktionieren.

Der Entwurf zum grünen Grundsatzprogramm:

Plenum des Deutschen Bundestages.
Im nächsten Jahr sind Bundestagswahlen. Nach aktuellen Umfragewerten könnten die Grünen dann durchaus mitregieren.

Wie erwähnt, handelt es sich hierbei um ein Grundsatzprogramm. Im Gegensatz zu Wahlprogrammen haben diese parteiintern einen höheren Stellenwert und bleiben in aller Regel auch länger in Kraft. Das aktuell gültige Grundsatzprogramm der Grünen stammt zum Beispiel von 2002, ist also schon 18 Jahre alt. Das illustriert, wie lange die Grünen ihre Forderung nach einem totalen Waffenverbot zementieren könnten, wenn sie den Entwurf in vorliegender Form verabschieden. Natürlich hätte dies keine unmittelbaren Effekte. Freilich gilt es, die aktuelle politische Landschaft im Auge zu behalten: Schaut man in die Umfragen, ist nach der nächsten Bundestagswahl eine Regierungsbeteiligung der Grünen im Bund wahrscheinlich. Dass nun ein potenzieller Koalitionspartner sich bei einem "Randthema" wie dem Waffengesetz mit einer anderen Ansicht durchsetzen kann und will, das ist noch völlig offen.

Parteiintern geht es bei den Bündnisgrünen nun erstmal wie folgt weiter: Bis zum 31.  Juli 2020 wird der Programmentwurf unter anderem auf ihrer Online-Mitgliederplattform diskutiert. Der Antrag wird dann noch einmal überarbeitet und soll vom Bundesvorstand am 28. August beschlossen werden. Das dann vorliegende Papier wird dann der Bundesdelegiertenkonferenz (20. bis 22. November) vorgelegt. Hierzu können noch Anträge eingereicht werden. Die Bundesdelegierten beraten den Entwurf mit den Änderungsanträgen und verabschieden dann das Programm.

Was nun jeder tun kann

Nach Ansicht des Autors gilt zuallererst: "Gemeinsam sind wir stark". Es ist wichtig, dass alle Legalwaffenbesitzer zusammenstehen. Zwar klammern Die Grünen die Jäger bisher aus, am Ende des Tages sind diese aber auch gemeint. Deshalb ist es nach wie vor wichtig, mit den jeweiligen Verbänden im Austausch zu bleiben. Einerseits gibt es hier wichtige Informationen, andererseits kann man auch als Basis entsprechende Anregungen liefern, so zum Beispiel beim Deutschen Schützenbund, beim Deutschen Jagdverband und natürlich dem Bund Deutscher Sportschützen. Ein weiterer guter Anlaufpunkt sowohl für Aktuelles wie auch für Aktionen ist die German Rifle Association. Diese arbeitet ehrenamtlich für den legalen Waffenbesitz. Aktuell wird hier auch Geld für eine Klage gegen die aktuellen Verschärfungen des Waffenrechts gesammelt.

Und abschließend kann es natürlich enorm helfen, auch Politiker auf die Lage aufmerksam zu machen. Sie können in die Sprechstunden "Ihres" Wahlkreisabgeordneten gehen und mit ihr/ihm über Ihr Hobby sprechen. Erreichen können Sie die Politiker beispielsweise über das Portal abgeordnetenwatch. Auch Briefe und Mails können Sie schreiben. Wichtig dabei ist selbstredend immer: Hart in Argument und Sache, aber höflich und respektvoll im Ton. Eine Einmischung in den parteiinternen bundespolitischen Prozess der Grünen hält der Autor jedoch für wenig zielführend und auch demokratisch für problematisch. Was allerdings hier empfohlen sei: In vielen Gemeinden sind die Grünen in den Kommunalparlamenten vertreten. Auch gibt es in den meisten Gemeinden und Orten Ortsverbände der Grünen. Oft ist man auf dieser Ebene gut bekannt oder gar freundschaftlich verbunden. Das gibt einen Ansatzpunkt für Gespräche und einen Austausch. Erfahrungsgemäß ist "die Basis" einer guten Argumentation deutlich zugänglicher, als es oft der Fall ist, wenn man sich "nach oben" wendet, also an die Bundes- oder Landesverbände der Parteien. Einen Versuch ist es in jedem Fall wert. Und sachlich über den Schießsport aufzuklären, ist auch niemals falsch.

Der aktuelle Stand des Entwurfs des Grundsatzprogramms von Bündnis 90/Die Grünen ist im Volltext auf der Seite der Partei abrufbar.