Test & Technik: Orsis Hunter und Orsis 140 Jagdrepetierer

Bereits mit dem an Sniper und Long-Range-Schützen adressierten Modell Orsis SE T-5000 (siehe VISIER 12/2013) sorgte die russische Promtechnologia LLC unter dem Markennamen Orsis für Aufsehen in der Waffenbranche.

Orsis leitet sich von den russischen Worten "ORuschije SIStemi" ab, was so viel bedeutet wie Waffensysteme. Damit unterstreicht die recht junge russische Waffenschmiede, dass nahezu alles, was die Produktion von Bauteilen und Montagearbeiten betrifft, im eigenen Werk passiert. Das gilt insbesondere für die Lauf- und Systemherstellung, aber auch für die Fertigung der Schäfte und anderer Teile.

Die Testwaffen Orsis Hunter in .30-06 Springfield und Orsis 140 in .308 Winchester

Die Mündungsbremse der Orsis Hunter in .30-06 Springfield und Orsis 140 in .308 Winchester
Das Modell Hunter in .30-06 Springfield stattet Orsis serienmäßig mit Mündungsbremse und Drückjagd-Visierung aus.
Die Orsis 140 in .308 Winchester in Naheinstellung
Orsis liefert beide Repetierer Hunter und Orsis 140 im Test mit einer Picatinny-Schiene aus.

Nun kommen über den Orsis-Importeur Waffen Schumacher GmbH die ersten Jagdrepetierer aus dem Moskauer Werk auf den deutschen Markt. Zwei davon durfte VISIER jetzt testen.

Jeweils in einem dunkelblauen Transportkoffer aus stabilem Kunststoff mit Orsis-Logo darauf kamen die Orsis Hunter zum Preis von 2.290,- Euro in .30-06 Springfield und das neue Modell Orsis 140 für 1.395,- Euro im Kaliber .308 Winchester in der VISIER-Redaktion an.

Bislang hatten Serienwaffen aus russischer Produktion wegen ihrer Verarbeitungsqualität und Materialbeschaffenheit keinen guten Ruf, in puncto Robustheit und Zuverlässigkeit dagegen schon. Also lag neben der Funktion das Hauptaugenmerk auf der Verarbeitung und Komponentenwahl der Orsis-Büchsen.

 

Beide Büchsen haben einen gleichen 56 Zentimeter (22 Zoll) langen Lauf mit vier rechtsdrehenden Zügen, die das Projektil auf einer Strecke von 11" einmal um die eigene Achse rotieren lassen. Bei der 140 schützt eine glatte Überwurfmutter das Gewinde, bei der Hunter sitzt die bei diesem Modell serienmäßige Orsis-001-Mündungsbremse darauf.

Zwar verriegeln die Kammern beider Büchsen mit zwei massiven Warzen in einer stählernen Systemhülse, jedoch besitzt die 140 ein kurzes System für maximale Patronenlängen im Bereich der .308 Win. und die Hunter ein langes System, das auch mit Patronen bis hin zur .375 H&H zurechtkommt.

Derzeit sind jedoch nur 140er Modelle in .308 Winchester und die Hunter-Variante in .30-06 ab Importeur verfügbar. Die Aufnahme weiterer hierzulande gängiger Kaliber ins Portfolio ist in Planung.

Die Jagdrepetierer Orsis Hunter und Orsis 140 im Vergleich

Der Schaftrücken der Orsis Hunter in .30-06 Springfield
Beim Nussholzschaft der Orsis Hunter lässt sich die Höhe des Schaftrückens individuell einstellen. Der Universal-Schaft ist für Rechts- wie Linksschützen gleichermaßen geeignet.
Die Magazine der Orsis Hunter in .30-06 Springfield und Orsis 140 in .308 Winchester
Die Magazine beider Testwaffen der Orsis Hunter und Orsis 140 fassen jeweils drei Patronen. Die Haltelippen bestehen aus Stahlblech. Der Magazinlöse-Drücker sitzt jeweils vorn im Abzugsbügel.
Die Verschlüsse der Orsis Hunter in .30-06 Springfield und Orsis 140 in .308 Winchester
Die Verschlüsse der beiden Orsis-Repetierer Orsis Hunter und Orsis 140 verriegeln beide mit zwei Warzen in der Systemhülse.

Während der kurze Verschluss der 140 mit einer glatten Kammerhülse bestückt ist, hat die mit knapp 19 Millimeter Durchmesser rund 1 Millimeter stärkere Kammerhülse der Hunter acht Eisrillen. Trotzdem bringt die längere und dickere Kammer der Hunter mit 412 Gramm noch rund 60 Gramm mehr Gewicht auf die Waage als die der Orsis 140. Letztgenannte besitzt überraschenderweise, trotz ihres schlankeren Systems und des Polymerschafts, ein Gesamtgewicht von 3.862 Gramm und ist damit nur 22 Gramm leichter als die Hunter samt Mündungsbremse in ihrem Nussbaum-Schaft.

Die 3,8-Kilo-Marke übertreffen beide Modelle, da Orsis bei fast allen Metallbauteilen auf Stahl setzt. So bestehen auch die bei der Hunter 174 Millimeter lange und bei der 140 neun Millimeter kürzere Picatinny-Rail daraus.

Bei der Hunter werden auch nahezu alle Teile der Drückjagdvisierung aus Stahl gefertigt. Lediglich die neonfarbenen Kontrasteinsätze im höhenverstellbaren Korn und in der seitlich driftbaren Kimme sind hier aus Fiberglas.

Alle Stahlteile besitzen übrigens eine Cerakote-Beschichtung in "Black Graphite". Aluminium findet man lediglich bei den Kammergriffkugeln sowie bei den Magazinschächten mit angegliedertem Abzugsbügel. Sogar in den als Kunststoffboxen ausgeführten, entnehmbaren Drei-Schuss-Magazinen beider Jagdrepetierer findet man einen Rahmen aus verzinktem Stahlblech, der die Patronen einreihig speichert.

 

Zurück zu den Schäften: Sowohl der schwarze Polymerschaft der 140 als auch der Nussbaumschaft der Hunter bieten dank Fischhautkontur an den Kontaktflächen von Pistolengriff und Vorderschaft guten Halt. 

Während die 140 einen geraden Schaftrücken besitzt, läuft der Rücken des etwas kürzeren Holzschafts mit seinem um rund 20 Millimeter in der Höhe verstellbaren Rückeneinsatz in einen Monte-Carlo-Effekt aus. In beiden Schäften können die Läufe frei schwingen und das System ruht auf Alu-Säulen. Beim Holzschaft liegt es zusätzlich in einem Glaserfaserbett.

 

Orsis verbaut in beiden Testwaffen den gleichen Abzug, dessen Vorzugsgewicht und -weg von außen verstellen lassen. Zum Einstellen des Abzugsgewichts muss das System ausgeschäftet werden. Laut Anleitung bewegt sich das ab Werk eingestellte Abzugsgewicht zwischen 600 und 900 Gramm. Bei der 140 lieferte das Layman-Messgerät hier im Schnitt einen Wert von 760 Gramm und bei der Hunter einen von 830 Gramm.

Nach jeweils rund zwei Millimetern Vorzug ohne merklichen Widerstand musste der Abzugsfinger hier jeweils stetig mehr Druck auf das Züngel geben, bevor der Trigger auslöste. Ein klar definierter Druckpunkt war bei keinem der beiden Abzüge zu spüren. Ebenso konnte die Fingerspitze aber auch kaum das marginale Kriechen und minimale Durchfallen des Züngels bei beiden Modellen ausmachen. Hier verbaut Orsis einen für jagdliche Zwecke sehr guten Abzug.

Orsis Hunter in .30-06 Springfield und Orsis 140 in .308 Winchester auf dem Schießstand

 Die Swarovski Optik der Orsis Hunter in .30-06 Springfield  in Großaufnahme 
Ein Swarovski Zielfernrohr auf der Orsis Hunter in .30-06 Springfield

Auf dem Schießstand verrichteten beide Büchsen zuverlässig und störungsfrei ihren Dienst. Geschossen wurden jeweils drei Schuss in kurzer Folge aus dem Magazin und zwei weitere diesem Rhythmus folgende Schüsse, wobei die Patronen dafür von Hand ins Patronenlager befördert wurden.

Wie zu erwarten, schoss sich die .30-06er Hunter trotz des leistungsstärkeren Kalibers angenehmer als die 140 in .308 Win. Das lag aber nicht an den paar Gramm mehr an Gewicht, das die Hunter mitbringt, sondern natürlich an der gut auf die Waffe abgestimmten Mündungsbremse.

In Sachen Präzision konnten beide Waffen die von Orsis "mit Matchmunition" garantierte Leistung von einer halben Winkelminute (1 MOA = 2,91 Zentimeter auf 100 Meter) halten. Die Hunter platzierte eine Dreier-Gruppe mit der 170 grs. GECO TM Match sogar auf acht Millimeter. Bei der 140 betrug das engste Trefferbild mit drei Schuss der Sorte 168 grs. S&B HPBT Match 14 Millimeter. Bei fünf rasch hintereinander abgegebenen Schüssen gingen die Gruppen allerdings ein wenig auf. Insgesamt lagen aber die Werte aller Laborierungen im Test hier stets voll im jagdlichen Rahmen.

Das Fazit zur Orsis Hunter in .30-06 Springfield und Orsis 140 in .308 Winchester 

Mit den Modellen 140 und Hunter legt Orsis robuste und sehr ordentlich verarbeitete, zuverlässige und absolut jagdtaugliche Waidwerkzeuge vor - unschöne Verarbeitungs- oder Formspuren sucht man hier vergeblich.

Dennoch dürften es die beiden Modelle, wenn auch nicht ganz zu recht, schwer auf dem hiesigen Markt haben: Sie stoßen jeweils in Preissegmente vor, die inzwischen nicht nur etwa Repetierbüchsen aus den USA, sondern auch solche deutscher Markenhersteller wie Sauer & Sohn oder Mauser besetzen.


Den umfangreichen Test mit allen Schießergebnissen finden Sie in der VISIER Novemberausgabe 2016. Im VS Medien Online-Shop können Sie die Ausgabe 11/2016 von VISIER bequem hier nachbestellen.