Sauer 303 im Dauertest

Zugegeben, ich war kein Freund von Halbautomaten. Ich fand die meisten hässlich, oft entsprach die Schussleistung nicht meinen Vorstellungen, und die Abzüge waren mir fast immer zu hart. Dazu kommt, dass einige Schützen, die die „Dinger“ führen, mangelnde Schießfertigkeit durch erhöhte Feuerkraft ersetzen. 

Das kann zugegebenermaßen nicht dem Waffentyp angelastet werden. Es hat aber das Ansehen von Selbstladebüchsen in deutschen Revieren nicht gerade gefördert. Bei wachsenden Sauen-beständen sind Halbautomaten aber nun fast überall „salonfähig“.

Als ich die S 303 das erste Mal in der Hand hatte, gefiel sie mir auf Anhieb. Sie sah nicht wie ein „Maschinengewehr“ aus, lag gut im Anschlag, war praxisgerecht zu handhaben, und den Abzug fand ich damals schon super. Ich warf meine Vorurteile über Bord, die 303 wollte ich haben. 

Doch dann hörte man von Zuführproblemen. Ich beschloss, daher abzuwarten. Unterdessen sind die Probleme behoben, und ich bestellte eine Waffe für diesen Langzeittest.

Bei reinen Gebrauchswaffen habe ich es eigentlich gern robust: Kunststoffschaft, rostträge oder rostfreie Metallteile, keine Gravuren. Bei der S 303 wählte ich jedoch das „Kontrastprogramm“, das Modell „Elegance“ mit edlem Schaftholz, im Kaliber .300 WinMag. Und tatsächlich, der Halbautomat sieht wirklich gut aus. 

Nach recht langer Lieferzeit kam sie am 3. November 2011 an, gerade pünktlich zum Beginn der Drückjagdsaison. Die Montage der drei Hauptteile - Hinterschaft, System mit Lauf und Vorder-schaft sowie Zielfernrohr - ist simpel. 

Da ich seit über zehn Jahren eine Sauer 202 in .375 Holland & Holland führe, wusste ich, wie der Hinterschaft montiert wird: Schaft ansetzen und mit einem langen Steckschlüssel geradewegs durch die Gummischaftkappe die Fixierschraube festziehen. 

Zum Abnehmen des Hinterschaftes dient ein langer Inbussteckschlüssel mit Winkel-verlängerung. Zerlegt passt die Büchse bequem ins Reisegepäck. Die S 303 besitzt schnell abnehmbare Riemenbügelösen. Sie arbeiten mit Steckeinsätzen, die von federbelasteten Kugeln gehalten werden. Ein Druck auf die Front des Ösenhalters gibt diesen frei. Der am Drückjagdstand nicht benötigte - manchmal gar störende – Riemen kann so für die Dauer des Treibens abgenommen und etwa am Hocker verwahrt werden.

Auch die Zielfernrohrmontage (Sauer nennt sie „isi-Mount“) auf der Laufschiene ging einfach von statten und klappte auf Anhieb. Das Zielfernrohr sitzt extrem niedrig, ideal für den flüchtigen Schuss über das Glas; in meinem Fall ein Swarovski Z6i 1,7-10 x 42. Ein Kompromiss, wenn die Büchse auch bei Pirsch und Ansitz geführt werden soll. Bei gutem Mondlicht taugt das Zielfernrohr auch bei Nacht. Der Stellhebel für den Leuchtpunkt (Tag- und Nachtmodus) verstellte sich aber immer noch zu leicht.

Da unsere Drückjagd im eigenen Revier schon am übernächsten Tag stattfand, blieb keine Zeit für ausführliche Schießstandtests. Ich schnappte mir also eine Packung Patronen (Hornady, 180 Grains, SP Interlock). 

Nach einer kleinen Zielfernrohr-Korrektur schoss die Büchse, so wie ich es haben wollte. Der Test auf „Herz und Nieren“ wurde auf später verschoben.

Für die Drückjagd hätte ich mir allerdings gewünscht, dass die Waffe mit zwei Magazinen geliefert würde. Für Halbautomaten erlaubt hierzulande der Gesetzgeber dem Jäger bekanntlich nur Maga- zine, die zwei Patronen fassen. Mit einer Patrone im Lauf ist die Büchse dreischüssig. 

Wenn die Sauen mal „richtig dick“ kommen, wäre ein griffbereites gefülltes Reservemagazin sicher nicht schlecht. Der Magazinwechsel geht ja schnell. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich rede immer von zweischüssigen Magazinen!


Die Technik der Sauer 303

Die Sauer 303 gehört zu den wenigen Selbstladebüchsen, die über ein Hand-spannsystem verfügen. Im gespannten Zustand signalisiert ein roter Punkt:  Diese Büchse ist feuerbereit.

Bei der Sauer-Büchse handelt es sich um einen Gasdrucklader mit Handspannung. Alle Hand-griffe (Laden, Entladen, Magazin-Entnahme sowie Schließen und Öffnen des Verschlusses) können bei entspanntem Schloss vorgenommen werden. 

Besonders praxisgerecht: Der Verschluss kann auch langsam von Hand geschlossen werden. Das bekannte, das Wild vertreibende laute metallische „Klack“, das man beim Schließen der meisten anderen Selbstlader hört, entfällt hier also.

Sämtliche Waffenteile (widerstandsfähig matt dunkelgrau beschichtet mit Nitro-Bond X) sind modular und damit austauschbar am Aluminiumgehäuse befestigt. Der Direktabzug ist der beste, den ich serienmäßig an einem Halbautomaten kenne. Bei minimalem Vorweg liegt der Abzugswiderstand bei etwa 1300 Gramm. 

Auch präzises Schießen auf weitere Entfernung ist damit möglich. Auf der diesjährigen IWA gab Sauer bekannt, dass es gelungen sei, mit dem neuen „Black Magic Trigger“ den Abzugswiderstand auf 950 Gramm zu senken. Für einen Halbautomaten ein sensationeller Wert. Das hilft, Tiefschüsse und Mucken zu vermeiden.

Sauer 303 Test: Die mit einem leuchtend gelben Dreieck unterlegte Kimme und das rote Licht-sammelkorn der S 303 sorgen bei Drückjagden für eine schnelle Zielerfassung. Das Korn kann über Rastschrauben in Höhe und Seite justiert werden.

Die offene Visierung besteht aus gelber Dreieckskimme und rotem Lichtsammelkorn. Sie eignet sich gut für diejenigen, die gern besonders auf „engen“ Drückjagdständen ohne Zielfernrohr jagen. Wenn man jung genug ist, bringt man sie schnell zusammen. Das Korn kann per Klick-Rastung in Höhe und Seite verstellt werden. Die isi-Mount-Zielfernrohrmontage lässt sich leicht handhaben. Sie zeigt sich absolut wiederholgenau Sie erlaubt tief sitzende Optiken und begünstigt somit eine rasche Zielerfassung. 

Ich würde mir nur wünschen, dass das Glas damit schneller abnehm- und aufsetzbar ist. Anders, als der Klang des Namens erwarten lässt, bedeutet „isi-Mount“ eben doch ein bisschen Fummelei. 

Test Sauer 303: Ohne ihr hölzernes Gewand gibt die Sauer Selbstladebüchse S 303 den Blick auf das „Smart Tube“ genannte Gassystem frei. Hierbei bilden Gasentnahme, Verschlussgewichtführung und Vorderschaftbefestigung eine Einheit. Die Kammer der Sauer 303 kann langsam und damit auch leise geschlossen werden: Spannschieber (ab zweitem Bild von links) in der hintersten Verschlussposition umfassen und sachte nach vorn bringen, dann Verriegelung per Daumendruck auf den Schieber prüfen.

Aber auf dem Alu-Gehäuse lässt sich eben keine Schwenkmontage verwenden. Und ein Stahl-gehäuse macht die Büchse einfach zu schwer.

Die S 303 in der Praxis

Die erste Drückjagd fing für mich mit einem „Flop“ an. Bei der etwas hektischen Chance auf einen einzelnen Überläufer vergaß ich zu spannen, und die Chance war vertan. Die Treiber - sie waren gerade an mir vorbei - hörten mein lautes Fluchen. Doch meine „Dusseligkeit“ kann ich natürlich nicht der Büchse anlasten. 

Danach klappte es aber wie am Schnürchen: Mit drei einzelnen Schüssen erlegte ich drei Sauen, nur einen Fuchs überließ ich einem meiner Nachbarn. Da ich in allen Fällen nur Einzelschüsse abgegeben hatte, konnte die 303 aber ihre „halbautomatischen Stärken“ noch nicht zeigen. 

Das Repetieren funktionierte reibungslos. Auch einige Tage später, als ich zwei Schuss für einen Überläufer brauchte. Also schoss ich auf „engen“ Drückjagdständen weiter mit aufgesetztem Glas.

Ende November ging es dann mit sechs verschiedenen Laborierungen auf den Schießstand. Das Wichtigste zuerst: Bei den über 50 abgegebenen Schüssen funktionierte die Büchse reibungslos. 

Auch erbrachte die S 303 mit den meisten Laborierungen sehr gute Schussleistungen. Eigentlich bin ich kein Freund von Schussbildangaben, da die Ergebnisse nicht auf andere Büchsen desselben Typs übertragen werden können. Aber das beste Schussbild belegt immerhin, was eine Büchse zu leisten vermag. 

Das Brenneke-Torpedo-Optimal-Geschoss (10,7 g/165 grs) erbrachte eine Drei-Schuss-Gruppe von 2,5 cm. (Einschussmitte zu -mitte). Die Winchester „Power Max Bonded (180 grs) beschränkte sich auf vier Zentimeter Durchmesser. Und von den vier Hornady-Laborierungen von Importeur Hofmann Mellrichstadt (Verkauf über den Fachhandel) lagen zwei sehr gut: Die 180 grs SP InterLock zeigte einen 3-Zentimeter- Streukreis und die GMX (165 grs) kam auf vier Zentimeter. 

Alles Top-Ergebnisse für einen Halbautomaten. Nur bei zwei Hornady-Ladungen waren die Streukreise etwas größer, was aber bei einer anderen Büchse auch umgekehrt sein könnte. Die optimale Laborierung für die eigene Büchse muss man sich eben selbst erarbeiten. 

Aber: Streukreise zwischen zwei und vier Zentimetern liegen mit der S 303 im durchaus Machbaren: hervorragende Werte für einen Halbautomaten, viele Repetierer sind da nicht besser.

Im Dezember 2011 und Januar 2012 fielen insgesamt elf Sauen auf Drückjagden, meist einzelne, bei denen der Halbautomat seine Stärken nicht zeigen konnte. Bei zwei schnellen Frischlingen benötigte ich jeweils zwei Schüsse, bei zweien sogar drei. Ich hätte sie vermutlich mit einer Repetierbüchse also nicht erbeutet. 

Ein „weiter“ Überläufer wurde mit dem ersten Schuss gefehlt. Beim zweiten repetierte die Büchse nicht; der Verschluss öffnete sich nur fünf Zentimeter. Ich habe von Hand repetiert, aber der Überläufer war dann weg. Danach traten keine Repetierprobleme mehr auf. Pech!

Es empfiehlt sich also, die Büchse nach jeder Drückjagdsaison zur sorgfältigen Reinigung zu einem Büchsenmacher zu geben.


Schlussbilanz zur Sauer 303

Sollte ich mir die 303 zulegen, würde ich die neue Version mit Kunststoff-Lochschaft und stufenlos verstellbarem Schaftrücken (S 303 Synchro XT) (Preis ohne Glas knapp 3000 Euro) wählen. Der Lochschaft hilft zusätzlich zum neuen Abzug mit 950 Gramm, Mucken zu vermeiden. Der verstellbare Schaftrücken gestattet einen sauberen Anschlag mit und ohne Zielglas. 

Montiert würden ein reines Drückjagdzielfernrohr mit Leuchtpunkt 1-4-fach, und vielleicht ein größeres für Pirsch und Ansitz. 

Die .300 Win. Mag. ist sicherlich eine ausgezeichnete Hochwildpatrone auch auf Drückjagden. Da ich außer Sauen vorwiegend Rehwild bejage, würde ich die „gute alte“ 8 x 57 IS z. B. von RWS wählen. Die reicht für Rot-, Dam- und Muffelwild aus. Eine weitere Option stellt die „gemütliche“ 9,3 x 62 dar – wir möchten die Rehe ja noch essen. Auf den starken Brunfthirsch nimmt man ohnehin eine andere Büchse.

Autor und Redaktion danken der J. P. Sauer & Sohn GmbH (www.sauer.de), die die Testwaffe bereit stellte.



Technische Daten zur Testwaffe Sauer 303::

ModellSauer 303
Preis€ 3450,-
Kaliber.300 WinMag
Kapazität2 + 1 Patronen
Abzugsgewicht1300 g
Gesamtlänge1076 / 1126 mm
Lauflänge510 / 560 mm
Gewicht3550 g, leer
Ausführung

Gasdrucklader, Vier-Warzen-Drehkopfverschluss, harteloxiertes Leichtmetall-Gehäuse, Direktabzug, Handspannung, Flüchtig-Visierung, Sauer-isi-Mount-Montageschiene, abnehmbare Riemenbügel, Schaft aus Nussbaumholz der Klasse 4 mit Bayrischer Backe in Ausführung „Elegance“.

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